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Es heißt geschaltet, nicht geschalten

Von Christoph Irrgeher

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"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Christoph Irrgeher.

Vor 100 Jahren wurde der deutsche Künstler Joseph Beuys gebort. Die Arbeiten des Malers, Bildhauers und Aktionisten haben das Publikum gespaltet. Seine Befürworter meinten, er habe epochale Kunst geschafft. Für seine Gegner hat er Alltagsgegenstände aufgehangen und mäßig gemalen. Vor allem Laien haben sich kritisch eingeschalten. In der Fachwelt ist Beuys eine Ikone; dort wird längst nicht mehr auf ihn eingehauen.

Der geneigte Leser merkt: In jedem dieser Sätze steckt ein Patzer, nämlich ein vermurkstes Zeitwort. Das Interessante ist freilich: Eines davon taucht fast unbemerkt unter dem Fehlerradar durch. Weil man es dauernd hört. Nämlich "geschalten". Im Privatfernsehen wird der Experte "zugeschalten", auf dem Newsportal die Corona-Ampel rot "geschalten". Klingt ja auch irgendwie runder als "geschaltet". Und wird darum allerorts nachgebetet. "Ist der Computer eingeschalten?" Ächz - das ist Humbug. Das belegen nicht nur Wörterbücher, es reicht ein Blick aufs Smartphone, das sich gegebenenfalls als stummgeschaltet ausweist.

Freilich: Es gibt drängendere Probleme auf dieser Welt, und als Grammatik-Hüter steht man schnell im I-Tüpfel-Reiter-Eck. Doch wer Sprache liebt, der liest und hört sie gern unverhunzt, jedenfalls in Profi-Medien.

Was man als Ästhet aber leider schon akzeptieren muss: Dass Sprache ein vitaler Organismus ist und der Fehler von heute die Regel von morgen sein mag. So gesehen, heißt es eines Tages womöglich mit der Schlagzeile leben: "Corona-Ampel ausgeschalten - Farbenregelung giltet nicht mehr."