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Wie man ein Kulturgut killt

Von Christoph Irrgeher

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"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Christoph Irrgeher.

Die Metropolitan Opera ist ein Ort des Glamours, lässt einen die Filmromanze "Mondsüchtig" glauben: Edle Luster glänzen mit schmuckbehangenen Gästen um die Wette. Heute ist die Met ein Jammertal - und ihr Orchester eines der bemitleidenswertesten. Die Wiener Philharmoniker haben es in einem offenen Brief angeprangert, die "New York Times" hat es ausführlich recherchiert: Der Klangkörper droht zu zerbröseln. Seit einem Jahr sind die Mitglieder in unbezahltem Zwangsurlaub; 40 Prozent haben die teure Stadt verlassen, 10 Prozent sind in Pension gegangen. Hintergrund ist ein zäher Tarifstreit und wohl auch die Tatsache, dass die USA kaum direkte Subventionen ausschütten: Der Met stand das Wasser schon vor Corona bis zum Hals; nun, nach einem Jahr ohne Aufführungen, kämpft sie ums nackte Überleben. Dies gehe sich nur aus, wenn die Musiker langfristigen Gehaltskürzungen zustimmen, sagt die Direktion. Das Orchester sträubte sich anfangs dagegen - auch, weil es heikle Vertragsänderungen fürchtete. Erst diese Woche haben sich die Musiker auf einen Deal eingelassen; sie akzeptieren temporäre Wochenzahlungen von bis zu 1.543 Dollar und kehren an den Verhandlungstisch zurück.

Met-Manager Peter Gelb trägt an dieser Misere wohl kaum die Alleinschuld. Es wirft vielmehr ein erschreckendes Licht auf New York, dass es seine Kulturgüter dem Verfall preisgibt. "If I can make it there, I’ll make it anywhere", hat Frank Sinatra einst über das Pflaster dieser Stadt gesungen. Dass es gar so hart ist, hat man nicht zu fürchten gewagt.