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Nur ja kein Zwang zur Kniebeuge!

Von Christian Mayr

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WZ  Christian Mayr
WZ  Christian Mayr
© Wiener Zeitung

Von der verpönten antipatriotischen Geste zum globalen Solidarisierungs-Ritual - das ist schon einmal eine beachtliche Karriere. Die Rede ist vom gebeugten Knie, das 2016 erstmals vom schwarzen Footballer Colin Kaepernick beim Abspielen der US-Hymne gezeigt wurde, um so auf Rassendiskriminierung und Polizeigewalt hinzuweisen. Nach einem anfänglichen Spießrutenlauf für alle US-Sportler, die derlei nachahmten, hat sich diese Symbolik längst in der Sportwelt durchgesetzt und gehört insbesondere dort zum guten Ton, wo schwarze Sportler in einem Team stehen. Gut zu sehen jüngst beim Auftritt der ÖFB-Elf in England, wo sich alle Akteure wie selbstverständlich vor dem Anpfiff kurz aufs Knie stützten - das Schiedsrichter-Gespann inklusive. Und genau hier beginnt schön langsam das Problem, weil die Geste den Charakter des Zwanges bekommt und sich damit auch a la longue zur sinnentleerten Folklore entwickelt. Abknien, fertig, Anpfiff.

Zudem findet eine Art Entmündigung der Sportler statt, wenn diese das Ritual etwa deshalb ablehnen, weil sie die "Black-Lives-Matter"-Bewegung als zu extremistisch ansehen und sich nicht politisch vereinnahmen wollen. Es wird sich aber schlicht keiner mehr trauen, als Einziger in einem Team beim Kniebeugen nicht mitzutun, weil er unweigerlich ungute (politische) Diskussionen auslösen würde - selbst wenn der Sportler noch so altruistisch und antirassistisch eingestellt sein mag. Oder schwarz ist, wie etwa der britische Fußballprofi Wilfried Zaha, der das Ganze jüngst als "erniedrigend" und "bedeutungslose Scharade" kritisierte.

Auch Ungarns Kicker wurden soeben gebrandmarkt, weil sie im Test gegen Irland statt zu knien nur auf das Uefa-Respect-Logo verwiesen. Und weil dann einige Fans zum irischen Kniefall buhten, ist die Polarisierung schon perfekt. Und es wird nicht zum letzten Mal gewesen sein.