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Kleine Gesten, die eine EM erst groß machen

Von Tamara Arthofer

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WZ Tamara Arthofer
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Es sage noch einmal einer, es gehe nur ums Geld, nicht ums Herzerl. Nur: Genug ist dann auch genug.


Die Gruppenphase ist Geschichte, eine erste Bilanz beziehungsweise ein Ausblick daher angebracht. Und da muss man fast sagen: Hoffentlich geht da noch ein bisserl mehr, nicht nur aus österreichischer Sicht. Denn wenn man die rot-weiß-rote Brille abnimmt, ist man fast geneigt zu sagen: Stimmungsmäßig waren die ersten knapp zwei Wochen jetzt nicht soooo der Knüller. Die Aufsplittung auf die verschiedenen Standorte und die Corona-Maßnahmen erschweren das - nicht immer, aber doch immer wieder - freundschaftliche Aufeinandertreffen der Fans unterschiedlicher Nationen und Kulturen, Public Viewings können nur eingeschränkt stattfinden, politische Debatten überlagern bisweilen das sportliche Geschehen. Nicht einmal animalische Orakel haben es bisher zu nennenswerter Prominenz geschafft, und für die Zuhausegebliebenen gilt: Ganz ehrlich, vor den TV-Geräten gesessen sind wir in den vergangenen 15 Monaten lange genug.

Wer angesichts dessen und abseits patriotischer Anwandlungen beziehungsweise bei einem nicht ganz unrealistischen Achtelfinal-Ausscheiden gegen Italien den EM-Verweigerer gibt, verpasst allerdings auch schöne Momente, die eben nur ein Großereignis in dieser Form zu bieten hat. Denn es sind genau die kleinen Gesten, die ein solches eben groß machen. Da wäre zum Beispiel die Art und Weise, wie das dänische Team nach dem Kollaps von Christian Eriksen nicht nur im buchstäblichen Sinn zusammengestanden und dann auch noch ins Achtelfinale eingezogen ist. Und da wären die Geschichten von Spielern, die sich ins Rampenlicht spielen, auch wenn man es von ihnen nicht unbedingt erwartet hätte. Denn bis jetzt ist es nicht unbedingt die EM der ganz großen Stars, sieht man einmal von den Rekordtoren des Cristiano Ronaldo ab (der mit Portugal am Mittwoch nach Redaktionsschluss noch ums Achtelfinale kämpfte). Ansonsten bekommen - und nützen - andere ihre Chance: Die Österreicher Michael Gregoritsch und Florian Grillitsch etwa, deren Einsätze nicht unumstritten, aber letztlich gerechtfertigt waren; bei England Raheem Sterling, der sich zwar sowohl ums Nationalteam als auch auf Klubebene schon große Verdienste erworben, zuletzt bei seinem Verein Manchester City aber keinen Stammplatz mehr gehabt hat - und der dann jene zwei Tore geschossen hat, die zu den beiden Siegen der Three Lions und damit zum Gruppensieg geführt haben.

Auch Österreichs Achtelfinalgegner Italien hat einen neuen Stern am Fußball-Himmel, der sich gut vermarkten lässt: Er heißt Manuel Locatelli, ist 23 Jahre alt, Spieler von US Sassuolo - und, wie in beinahe jedem Interview zu hören und in jedem Bericht zu lesen ist, schwer verliebt in seine Verlobte (was zwar keine Garantie, aber vielleicht ganz grundsätzlich keine allzu schlechte Idee ist, wenn man beabsichtigt, zu heiraten). Zwei Tore hat Locatelli in zwei EM-Spielen geschossen, beide hat er ihr gewidmet. Da sage noch einer, im Fußball gehe es nur ums Geld und nicht ums Herzerl. Nur: Genug ist dann auch genug. Nun beginnt schließlich eine neue Phase des Turniers. Eine EM ist schließlich kein Kindergeburtstag.