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Paralympics sind nicht "vulnerabel"

Von Christoph Rella

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Wenn in 12 Tagen in Tokio die Paralympischen Spiele eröffnet werden, wird dies wie immer (und zu Recht) von kritischen Stimmen begleitet sein. Waren diese in der Vergangenheit meist gegen das mangelnde öffentliche Interesse, das die Behinderten-sportlerinnen und -Sportler im Vergleich zu Olympia als Athleten zweiter Klasse erscheinen ließen, gerichtet, kommt heuer noch die Corona-Situation hinzu. Wenn sich "gesunde" Menschen einem Virus aussetzen, wird getönt, ist das das eine, bei "vulnerablen Gruppen" wie der der körperlich Beeinträchtigten aber etwas ganz anderes. Diese Ansicht ist nicht nur falsch, sondern in gewisser Weise auch entlarvend, werden sie doch als Schwächlinge dargestellt, die sich ohne große Not in Gefahr begeben würden. Ganz abgesehen davon, dass kein Paralympics-Athlet gezwungen wird, nach Tokio zu reisen - die meisten freuen sich vielmehr darauf -, so kann man davon ausgehen, dass die japanischen Behörden und das IPC alles tun werden, um diese Menschen (wie bei Olympia) auch bestmöglich vor Ansteckungen zu schützen. Die Para-Sportler, die ja trainiert und medizinisch durchgecheckt nach Japan kommen, brauchen kein Mitleid, sondern wollen auf Augenhöhe behandelt und ernst genommen werden.

Nichts wäre unangemessener als diesen Menschen und der Welt zu suggerieren, dass körperliche Beeinträchtigung so etwas wie eine "Vorerkrankung" oder Krankheit sei, die eine gesonderte Corona-Behandlung rechtfertige. Dass dies vor allem in der westlichen Gesellschaft, wo die Abtreibung (vorgeblich) missgebildeter Föten oder die "Sterbehilfe" (auch) für Menschen mit Behinderung kaum noch Proteste auslösen, bereits Mainstream ist, ist schmerzvoll genug. Lassen wir unsere Athleten in Tokio ohne Bevormundung sein, wie sie sind - und zeigen, was sie können.