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Diesen Fans ist nichts mehr heilig

Von Christoph Rella

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Gerald Baticle ist ein weitgehend unbekannter Fußballtrainer, der auf eine 14-jährige Karriere als durchschnittlicher Kicker in der französischen Liga zurückblicken kann. Seit 2014 schlägt er sich mehr oder weniger erfolgreich als U19-Coach, Assistent (Lyon) und Trainer (Brest) durch die Ligue 1 - aber das, was er am Mittwoch beim Heimspiel seines neuen Arbeitgebers Angers SCO gegen Olympique Marsaille zu sehen bekommen hat, konnte er kaum fassen. Das 0:0 war noch nicht abgepfiffen, da gingen die Fans im Stadion plötzlich aufeinander los und stürmten den Rasen.

Dabei ist dieser Vorfall nur der jüngste einer ganzen Reihe von Gewaltakten im französischen Fußball: Wenige Stunden zuvor gab es in Montpellier 16 Verletzte, als rund 50 Fans des Heimteams HSC Montpellier vor der Partie gegen Girondins Bordeaux einen Bus aus der Hafenstadt angriffen.

Am vergangenen Wochenende demolierten beim Nordderby von Lens gegen Lille Anhänger Sitze und stürmten aufs Spielfeld. Es gab mehrere Verletzte. Und erst Ende August waren bei der Partie Nizza gegen Marseille Fans auf den Platz gestürmt.

Nun ist das Platzsturm-Phänomen im Fußball weder neu, noch ein französisches Problem, wie etwa die Reaktion der Austria-Fans nach dem ÖFB-Cup-Aus gegen Kapfenberg am Dienstag gezeigt hat. Dennoch muss die Häufung von Gewaltakten allen - Fans, Spielern, Trainern, Vereins- und Verbandsbossen - langsam zu denken geben. Kehrt das bereits überwunden geglaubte Gespenst des Hooligans wieder zurück?

Coach Gerald Baticle jedenfalls hat nach dem Angers-Spiel etwas Interessantes gesagt: "Für mich ist das Spielfeld heilig." Was er damit kritisiert, ist, dass diesen Fans eben nichts mehr heilig ist. Dabei sind auch sie nur ein Abbild der Gesellschaft, in der wir leben. Ermutigend ist das nicht.