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Ist Kriechmayr wichtiger als Liensberger?

Von Christian Mayr

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WZ  Christian Mayr
WZ  Christian Mayr
© Wiener Zeitung

Vor kurzem sorgte eine Studie - initiiert vom Sport- und Frauenministerium - über die Darstellung weiblicher Sportler in heimischen Medien für Diskussionen. Eine der Kernthesen der Arbeit, dass Frauen in der Sportberichterstattung weniger Platz als Männer bekommen, ist an sich nicht überraschend, zumal über die Präsenz von König Fußball (männlich!) nicht nur die Fußballerinnen, sondern auch alle Nicht-Fußballer jammern dürfen. Dass die Sportjournaille aber in der Ski-Berichterstattung selektiv vorgehen soll, kam dann doch überraschend. Dies gipfelte in der Behauptung der Studienautorin, dass bei der Ski-WM in Cortina Doppelweltmeisterin Katharina Liensberger "um fast 47 Prozent weniger" Zeitungs-Berichterstattung bekommen hätte als Genauso-Doppelweltmeister Vincent Kriechmayr. Salopp gesagt, wurde also über den Mann eine Seite berichtet, über die ebenso erfolgreiche Frau nur eine halbe.

Wer jedoch genau hinsieht, merkt rasch, dass nicht alles, was hinkt, ein Vergleich ist. So raste die Vorarlbergerin ja an einem Samstag zu Slalom-Gold - da aber sonntags einige der untersuchten Zeitungstitel gar nicht erscheinen, gab es zwangsläufig weniger Berichterstattung. Zudem wurde ihr erster WM-Titel von der Parallel-Farce (nachträglich Gold, unfairer Kurs) überschattet, was den Fokus stark veränderte. Und nicht zu vergessen - Kriechmayr holte sein zweites Gold in der Königsdisziplin Abfahrt, und zwar als erster Österreicher seit 2003. Womit jeder Journalist der Welt hier mehr Platz einräumen würde.

Fazit: So wichtig es ist, sexistische Tendenzen insbesondere im Sport-Boulevard auszutreiben und Stereotype aufzubrechen, so falsch ist es, mit undifferenzierten Untersuchungen das Stereotyp vom männlichen Sportjournalisten, der Sportlerinnen absichtlich degradiert, zu perpetuieren.