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Und der "Mohr" steht doch im Titel

Von Edwin Baumgartner

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"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Edwin Baumgartner.

Da gab es einmal einen Film: "Peter schießt den Vogel ab". Peter Alexander spielte Peter. Und sang "Hol den Peter".

Etwa auf dem Niveau dieser Film-Posse bewegt sich eine Titel-Posse der sonst seriösen Friedenauer Presse. Dieser wackere Verlag also hat eine Erzählung Alexander Puschkins umbenannt: "Ibrahim und Zar Peter der Große" heißt nun, was sich im Original "Arap Petra Welikogo" betitelt und bisher korrekt mit "Der Mohr Peter des Großen" übersetzt war.

Doch, ach, Mohren werden getilgt in einer politischen Korrektheit, die sich sogar über den Wortlaut von Dichtung erhebt. Dass man im konkreten Fall das Werk eines Dichters korrumpiert, der selbst ein Nachkomme von Schwarzen war - geschenkt.

Jetzt aber kommt der Vogel zum Abschuss: Die Friedenauer Presse war dermaßen beeindruckt von ihrer Puschkin-Verzerrung, dass ihr die klammheimlich begangene Untat nicht genügte, nein: Dem Leser muss man unter die Nase reiben, wie politisch korrekt man ist. Und so schreibt die Friedenauer Presse auf den Buchdeckel, gleich unter den verfälschten, den korrekten Titel: "Vormals ,Der Mohr Peters des Großen‘". Womit Zar Peter seinen Mohren zurückbekommen hat und wahrhaft wieder ein Großer ist. Größer als Zar Peter ist nur Puschkin. So groß ist Puschkin, dass man seine Wortwahl lieber niemals in Zweifel zieht. Die Friedenauer Presse aber hat den Vogel abgeschossen: Besser kann man die politische Korrektheit nicht ad absurdum führen. Ungewollt zwar. Aber brillant.