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Der Zickzackkurs der Anna Netrebko

Von Christoph Irrgeher

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"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Christoph Irrgeher.

Sie steht derzeit nicht auf den Bühnen, seit Mittwoch aber wieder im medialen Rampenlicht: Anna Netrebko bekennt spät Farbe zur Weltlage. "Ich verurteile den Krieg gegen die Ukraine ausdrücklich und meine Gedanken sind bei den Opfern dieses Krieges und ihren Familien", heißt es in einer Erklärung. Und: "Ich bin weder Mitglied einer politischen Partei noch bin ich mit irgendeinem Führer Russlands verbunden. Ich erkenne und bedauere, dass meine Handlungen oder Aussagen in der Vergangenheit zum Teil falsch interpretiert werden konnten." Sie habe Präsident Wladimir Putin "nur eine Handvoll Mal getroffen" und werde von dessen Regierung nicht finanziert. Ende Mai will sie ihre angekündigte Bühnenpause beenden und, so liest man, anfangs in Europa singen.

Tatsache ist: Kein Opernstar ist so groß wie Netrebko, und keiner hat wohl je so viel verloren. Netrebko, zur Erinnerung, hatte sich 2014 mit einem Separatistenführer aus dem Donbass getroffen und Putin öfter unterstützt. Als dieser dann die Ukraine überfiel, forderte der Westen eine Positionierung vom Star. Was folgte, war ein holpriges Zickzack: Erst distanzierte sich die Diva im Netz vage vom Krieg, tadelte dabei aber auch erzwungene Künstler-Stellungnahmen, dann löschte sie das Posting und wurde vom Westen verbannt. Ob die jetzige Aussage das ändert oder eher nach Opportunismus riecht? Der Met, so heißt es bereits, reichen diese Worte nicht, Putin könnten sie dafür ärgern. Ohne Häme, aber auch ohne überzogenes Mitleid: Es steckt eine gewisse Operntragik im Fall Netrebko.