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Wenn Geschichte abgerissen wird

Von Edwin Baumgartner

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"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Edwin Baumgartner.

Der Neuhauser-Hof in Grünbach bei Freistadt in Oberösterreich ist 320 Jahre alt.

Erzherzogin Maria Theresia hätte im Neuhauser-Hof ihr Gesetz für die Unterrichtspflicht entwerfen können.

Kaiser Ferdinand I. hätte sich im Neuhauser-Hof seine geliebten Knödel kredenzen lassen können, was gut zur Region gepasst hätte.

Joseph II. hätte im Neuhauser-Hof sein Verbot der Pfeffernüsse und eine Weisung an diesen Mozart diktieren können, nicht immer so viele Noten in eine einzige Oper zu packen.

Ludwig van Beethoven hätte im Neuhauser-Hof die 60 Bohnen für seinen Kaffee abzählen können.

Johann Wolfgang von Goethe hätte im Neuhauser-Hof auf die verwunderliche Idee kommen können, einem Gelehrten den Teufel als Partner zuzugesellen.

Kaiser Franz Joseph hätte im Neuhauser-Hof übernachten und am Abend, beim Ausprobieren des Bettes, seufzen können: "Mir bleibt doch nix erspart!" Inzwischen hätte Kaiserin Sisi im Neuhauser-Hof den Umfang ihrer Taille zum dritten Mal an diesem Tag vermessen können.

Der Neuhauser-Hof ist ein Kulturdenkmal aufgrund seines Alters und seiner Bauweise. Der Neuhauser-Hof hat Napoleons Feldzüge, Kriege, Revolutionen und Bombardements überstanden. Den derzeitigen Gemeinderat mit absoluter ÖVP-Mehrheit übersteht er wohl nicht. Der nämlich hat den Abriss beschlossen, ohne eine Alternative ins Auge zu fassen. Weg mit dem Neuhauser-Hof. Weg mit österreichischer Baugeschichte.

Eine Kulturschande ist das!