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Der Witz, der keiner ist

Von Edwin Baumgartner

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"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Edwin Baumgartner.

Kennen Sie den? - Ein Jude, der nach 1945 nach Wien zurückgekehrt ist, sitzt im Kaffeehaus. Er ruft den Ober: "Bringen Sie mir bitte den ,Völkischen Beobachter." - "Den ,Völkischen Beobachter‘ gibt es nicht mehr." Der Jude nickt. Wenig später bittet er den Ober abermals um den "Völkischen Beobachter" und bekommt wieder zur Antwort, dass es den "Völkischen Beobachter" nicht mehr gibt. Es dauert nicht lange, winkt der Jude den Ober zu sich: "Bringen Sie mir bitte den ,Völkischen Beobachter." - "Mein Herr, ich habe Ihnen schon zwei Mal gesagt, dass es den ,Völkischen Beobachter‘ nicht mehr gibt." Sagt der Jude: "Ich weiß, aber ich kann das nicht oft genug hören."

Auf Facebook sind manche Kuriositäten passiert. Sandro Botticellis Venus wurde entfernt wegen Nacktheit. Aus dem gleichen Grund wurde eine Archäologin verwarnt, weil sie ein Bild der Venus von Willendorf postete. Es gab und gibt auch Widerwärtigkeiten - dazu braucht man nur die Reaktionen zu lesen, wenn sich jemand für die Corona-Maßnahmen, das Tragen der Maske oder, am schlimmsten, die Impfung ausspricht.

Nun unterläuft Facebook diesen glänzenden jüdischen Witz. Denn dort gibt es eine Seite mit dem Namen "Völkischer Beobachter". Deren Inhalte: pro Putin, gegen Corona-Maßnahmen, gegen Migranten. Die Seite entspricht den Gemeinschaftsstandards.

Wäre es ein Witz, wäre es ein schlechter Witz.

Aber es ist kein Witz.

Es ist kein Witz.