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Schöner neuer Antisemitismus

Von Edwin Baumgartner

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"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Edwin Baumgartner.

Man darf wieder, scheint’s. Man darf wieder antisemiteln, aber nur auf die neue Art. Den Hitlergruß zeigen nur noch bierduselige Glatzköpfe. Die Schoah leugnen ist von gestern. Der schöne neue Antisemitismus kommt stromlinienförmig als Israel-Kritik daher. Bei ihr hat man gar einen Literaturnobelpreisträger als Kameraden an der Seite, nämlich den Ex-SS-Mann Günter Grass, der zum linken Gewissen mutierte.

So gibt sich dieser neue Antisemitismus denn auch woke, was mit einem weiteren Literaturnobelpreis belohnt wurde, diesmal für Annie Ernaux, eine Unterstützerin der Israel-feindlichen BDS-Bewegung. Und dank der Antisemita (wie der "Spiegel" die jüngste Documenta nennt) kann man offen diskutieren, ob es okay ist, antisemitische "Kunst" auszustellen, sofern man sie kontextualisiert.

Passend zum Zeitgeist hat die Wiener Akademie der bildenden Künste für ihren öffentlichen Klimaaktionstag Andreas Malm eingeladen. Der schwedische Klimaaktivist meint, "dass jetzt nur Sabotage und Sachbeschädigung helfen" können, das Klima zu retten. Und er ist ein BDS-Befürworter.

Sein Auftritt wurde inzwischen zwar abgesagt, doch im "Standard" hat Akademie-Rektor Johan F. Hartle den Malm-Kritikern die Leviten gelesen: Wer keine Ambivalenzen in Debatten will, will keine Debatten. Gut gesagt. Nur: Worüber, bitte, soll im speziellen Fall ambivalent debattiert werden? Ob der Öko-Terrorismus einer allfälligen GAF (Grüne Armee Fraktion) vertretbar wäre? Oder über das Existenzrecht Israels?