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Was kann bitte die Kunst dafür?

Von Christoph Irrgeher

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"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Christoph Irrgeher.

Die Attacken häufen sich. Immer wieder betreten derzeit ein, zwei Menschen ein Museum, nehmen vor einem Meisterwerk Aufstellung, brüllen Parolen zum Thema Umweltschutz und Klimakatastrophe und versuchen, das Bild nach Kräften zu beschmutzen. Jüngster Fall: Zwei Frauen, kaum älter als Teenager, haben in der National Gallery in London Suppe auf Van Goghs "Sonnenblumen" geschüttet und sich vor ihrer Verhaftung an die Wand geklebt. Das Gemälde steckt hinter Glas, darum nahm nur der Rahmen Schaden.

Gut: Dieser Umstand dürfte den Angreiferinnen bewusst gewesen sein, eine ernsthafte Beschädigung war offenbar nicht intendiert. Und, wohl auch wahr: Diese PR-Show bringt dem drängenden Thema Klimaschutz mehr Schlagzeilen als eine typische Demo.

Dennoch bleibt ein schaler Nachgeschmack. "Was ist mehr wert, Kunst oder Leben?", haben die Angreiferinnen geschrien. Was für eine törichte Frage. Es ist Blödsinn, das eine Gut gegen das andere auszuspielen. Und es grenzt an Barbarei, die Wut im eigenen Bauch - so berechtigt sie sein mag angesichts einer nahenden Ökokatastrophe und einer untätigen Politik - grobschlächtig an Meisterwerken der Kunstgeschichte auszulassen. So viele Klicks dieser plumpe "Aktivismus" global bringt: Er nützt seinem erklärten Ziel wohl kaum. Denn die Wesensmerkmale dieser Taten - Zerstörungslust und Aufmerksamkeitsdrang - erinnern frappant an die Grundzüge von Terrorismus. Und der hat noch selten eine Bevölkerungsmehrheit für sich gewonnen.