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Eine Schieflage namens Lueger

Von Bernhard Baumgartner

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Das umstrittene Lueger-Denkmal in Wien, das immer wieder Ziel von Attacken mit Farbe war, wird nun in einen Kontext gesetzt. Am Mittwoch gab die Stadt Wien bekannt, dass das Denkmal um 3,5 Grad gekippt wird. Die Statue erinnert an den wegen seines Antisemitismus umstrittenen Wiener Bürgermeister Karl Lueger (1844 bis 1910). Mit der Kippung setzte sich Klemens Wihlidal mit seinem Entwurf "Schieflage" beim Kunstwettbewerb durch. Zudem soll das Denkmal mit Zusatztafeln in den dringend nötigen Kontext gesetzt werden.

Auf den ersten Blick mag die Entscheidung seltsam wirken. Was soll durch die Neigung eigentlich kommuniziert werden? Doch diese sehr drastisch und fast als steinernes Wortspiel zum Ausdruck gebrachte Schieflage ist genau das Problem. Lueger ist nicht schwarz oder weiß zu sehen, er befindet sich, wie so viele historische Figuren, in einem Graubereich. Ein Grau, das durch pechschwarzen, kruden Antisemitischmus, gemischt mit hellen Tönen, wie bahnbrechenden Bauprojekten, die viele Leben verbessert haben, entsteht.

Sicherlich, so manchem wird die Intervention nicht weit genug gehen. Aber die maximale Intervention, die Entfernung, kann auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Denn, wie die Stadt richtig sagt, kann über eine Leerstelle nicht diskutiert werden. Sie erinnert an nichts und wäre das ultimative Zudecken. Und das kann in einer Stadt, die ihre Geschichte kritisch aufarbeitet, nicht das Ziel sein.