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In den Feuertod geschickt

Von Martyna Czarnowska

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Gefechte zwischen der türkischen Armee und der PKK forderten 20 Menschenleben. | Einmal mehr wurde der Öffentlichkeit bewusst, wie entfernt eine Lösung des Konflikts ist.


Sie sollen gerade ihre Essenpause eingelegt haben, als das Feuer sie umschloss. Die sengende Sonne trocknet im Sommer die Berge Südostanatoliens vollkommen aus und taucht sie in Sandfarben, nachdem sie dem Gras alles Grün entzogen hat. Der kleinste Funken genügt, um die ausgedörrten Pflanzen zu entzünden. Ein Feuergefecht, eine hingeworfene Handgranate kann da erst recht ein verheerendes Buschfeuer entfachen.

In solch einem kamen 13 türkische Soldaten um. Es war am Donnerstag, gegen 14 Uhr. Nach Militärangaben war der Trupp in der Nähe von Diyarbakir, im Südosten der Türkei, gerade auf der Suche nach Kämpfern der verbotenen PKK (Arbeiterpartei Kurdistans), als er in einen Hinterhalt eben dieser geriet. Eine Handgranate flog Richtung der Soldaten, das Buschwerk entzündete sich, die meisten der Männer verbrannten. Auch sieben Mitglieder der PKK sollen bei den Zusammenstößen getötet worden sein.

Das ist die eine Version der Ereignisse.

Die andere ist die Erzählung eines Augenzeugen, die etwa die kurdische Nachrichtenagentur Firat veröffentlichte, die Sympathien für die PKK hegt. Der Mann, ein Dorfbewohner aus der Gegend, wo der Angriff stattfand, widersprach den Angaben der Armeeführung. Die Zusammenstöße hätten bereits gegen Mittag begonnen, sagte der Zeuge. Mehr und mehr Truppen wurden in die Gegend geschickt, Soldaten hätten die Wege zu den Dörfern abgeriegelt. Die Armee hätte die Positionen ihrer Soldaten und der PKK ermittelt. Und dann sind die zwei türkischen Militärflugzeuge aufgetaucht. Sie warfen Bomben ab. Diese - und nicht Handgranaten der PKK - hätten das Feuer ausgelöst, in dem die Menschen verbrannten.

Welcher Bericht den Tatsachen auch mehr entspricht, die Folgen bleiben gleich: 20 Tote. Einmal mehr wurde der türkischen Öffentlichkeit bewusst, wie weit das Land von einer Beilegung des Konflikts zwischen der türkischen Armee und der PKK entfernt ist. Es vergeht kaum eine Woche, in der dieser seit einem guten Vierteljahrhundert währende Kampf nicht Menschenleben fordert.

Dies zeigt auch, wie viel mehr Anstrengungen die Regierung von Premier Recep Tayyip Erdogan unternehmen muss, um eine politische Lösung für das Kurdenproblem zu finden - trotz aller nun wieder lauter werdenden Forderungen von Rechtsnationalisten, jegliche Gespräche mit Kurdenvertretern zu verweigern. Doch der Wunsch der Millionen Kurden nach mehr kulturellen und sozialen Rechten sowie gesellschaftlicher Gleichstellung lässt sich nicht mehr übergehen.

An der Suche nach einem Konsens - für den eine neue, demokratischere Verfassung eine Bedingung ist - müsste allerdings auch die oppositionelle pro-kurdische Parlamentspartei BDP beteiligt sein. Die boykottiert jedoch noch die Arbeit im Abgeordnetenhaus, da einige ihrer gewählten Mandatare im Gefängnis sitzen. Die größte Oppositionspartei hingegen, die CHP, hat einen ähnlichen Boykott bereits beendet.

Die angespannte Lage hat eine Deklaration des Kongresses für eine demokratische Gesellschaft (DTK) nicht unbedingt beruhigt. Die Vereinigung mehrerer kurdischer Organisationen hat eine regionale Autonomie ausgerufen. Die Kurden wollten nicht mehr länger ohne einen Status leben, sie hätten das Recht auf Selbstbestimmung, heißt es in der DTK-Erklärung.

Auch wenn die Plattform betont, es gehe nicht um die Zersetzung des türkischen Staates, werden ihr schon separatistische Tendenzen vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits.