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Männer verboten

Von Alexander U. Mathé

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Um ihrer Unterdrückung zu entkommen, haben Frauen in Kenia ein eigenes Dorf gegründet. | Ihre Männer waren davon wenig überraschend nicht begeistert.


Rebecca Lolosoli war 18 Jahre alt, als ein Mann 17 Kühe für sie bezahlte und sie ehelichte. Doch später, nachdem sie von vier Männern krankenhausreif geschlagen worden war, tat er nichts. Frauen wie sie, die dem Samburu-Stamm in Kenia angehören, haben Männern gegenüber nicht unbedingt viele Rechte. Das pa-triarchale System ist geprägt von häuslicher Gewalt, Kinderehen, weiblicher Genitalverstümmelung und Unterdrückung von Frauen generell.

Da war es einigen Männern ihres Dorfes natürlich nicht recht, dass sie begann, selbständig Waren zu verkaufen, und auch andere Frauen dazu ermutigte. Also schlugen sie sie und nahmen ihr das verdiente Geld weg. Doch Lolosoli gab ihren Kampf gegen das System und für die Frauenrechte nicht auf.

Schon bald engagierte sie sich für Vergewaltigungsopfer. Britische Soldaten führen in den Gebieten der Samburu und der mit ihnen verwandten Massai militärische Übungen durch. Lolosoli zufolge sollen sie dort zwischen 1970 und 2000 mehr als 1400 Frauen vergewaltigt haben. Einige von ihnen redeten und wurden daraufhin von ihren Männern verstoßen, andere zogen es vor zu schweigen. Lolosoli ergriff für sie das Wort und sprach die Fälle vor der Landesregierung an. Daraufhin statteten ihr wieder ein paar Männer einen Besuch ab.

Nachdem sie das Krankenhaus verlassen konnte, tat ihr Mann nichts. "Er war kein schlechter Mann", sagte Lolosoli noch vor zwei Jahren, "aber mir ist bewusst geworden, dass er es auch zulassen würde, dass man mich umbringt. Also habe ich ihn verlassen." Heute glaubt die 49-Jährige, dass ihr Ex-Mann ihr nach dem Leben trachtet. Denn Lolosoli ist aus dem System ausgestiegen. Gemeinsam mit anderen Frauen, die genug von Unterdrückung hatten, gründete sie ein Dorf, das nur Frauen vorbehalten war. Es sollte Umoja ("Einheit") heißen.

Es ist zu einem sicheren Hafen geworden, der Schutz vor Unterdrückung oder Zwangsheirat bietet. Heute leben dort rund 50 Frauen und ihre Kinder, darunter ein Mädchen, das mit 13 Jahren an Lolosolis Bruder verheiratet werden sollte, der dreimal so alt war. Die Einwohnerinnen von Umoja sind inzwischen erfolgreich, bearbeiten ihr Land und verkaufen ihr Handwerk an Touristen.

Doch den Samburu-Frauen ist es traditionell untersagt, Grund und Boden oder Vieh zu besitzen. Und so beansprucht Lolosolis Ex-Mann das Land für sich und hat mit anderen das Dorf überfallen. Die alarmierte Polizei erklärte, sich nicht in Familienangelegenheiten einmischen zu wollen.

Trotzdem führt Lolosoli mit den Frauen von Umoja ihren Kampf weiter und hat international für Aufmerksamkeit gesorgt. US-Außenministerin Hillary Clinton zeichnete sie im Jahr 2010 für ihr Engagement aus. Im September erscheint auf Deutsch Lolosolis Lebensgeschichte "Mama mutig" im Südwest Verlag.