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Mit Anlauf in die Falle gegangen

Von Christina Böck

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Es dürfte ihr das Wochenende versaut haben - jenes Buch, in dem sie eine unerwartete Rolle spielt. Alice Schwarzer, die Frau, die wie keine andere für den Feminismus der 70er steht und die in Charlotte Roches Roman "Schoßgebete" am Geschlechtsakt der Hauptfigur Anteil hat. Nun hat Schwarzer Roche einen nicht ganz unbeleidigten offenen Brief geschrieben.

Steht ihr zu, muss man sagen. Immerhin zwingt sie die Autorin, an nicht immer appetitlichen Praktiken zuzusehen - als ihr feministisches Gewissen. Beziehungsweise als das ihrer Hauptfigur. Denn genau da ist Schwarzer in Charlotte Roches Falle getappt. In ihrer Antwort analysiert sie die Ehe ihrer angeblichen früheren Freundin Charlotte als ein veraltetes, von Männern abhängiges Beziehungsmodell. Dabei verwechselt sie die literarische Figur mit der Autorin. Das ist eine Falle, die Roche bewusst ausgelegt hat, denn ihre Figur ist extrem autobiografisch gezeichnet. Es muss Roche auch klar gewesen sein, dass Alice Schwarzer, die ja nicht für mediale Zurückhaltung bekannt ist, auf ihren "Auftritt" reagieren würde. Und dass sie so "altmodisch" argumentieren würde, wie es Roche im Buch vorwegnimmt. Das wäre doch mal ein Verdienst, wenn es jetzt zu einem Diskurs über "Feminismus heute" käme. Vielleicht hat es eine Charlotte Roche gebraucht, um zu sehen, dass die Ideen der Alice Schwarzer nicht mehr in allen Lebenslagen greifen. Traurig genug.