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Die minimale Chance auf eine Lösung

Von David Ignatius

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Zwischen den Israelis und den Palästinensern wäre es vor drei Jahren fast zu einer Einigung gekommen - aber eben nur fast.


Dem Verzeichnis versäumter Gelegenheiten für einen Frieden in Nahost ist ein weiteres Kapitel hinzuzufügen: ein geheimes Angebot des damaligen israelischen Premiers Ehud Olmert aus dem Jahr 2008, einen Palästinenser-Staat zu gründen, mit internationaler Kontrolle der heiligen Stätten in einem geteilten Jerusalem. Ein für viele Israelis unmögliches Zugeständnis.

In "No Higher Honor" ("Keine größere Ehre"), ihren eben erschienenen Memoiren, schreibt die damalige US-Außenministerin Condoleezza Rice über Olmerts Vorschlag. "Höre ich das wirklich?", fragte sie sich, als Olmert ihr während ihres Israel-Besuchs im Mai 2008 seinen Plan mitteilte. Laut Rice arbeitete Olmert einen umfassenden Plan aus, den er im Sommer 2008 inoffiziell Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas vorlegte. Und was geschah dann? Da es sich um den Nahen Osten dreht, kennen Sie wohl die Antwort: Die Sache ging unter. Die USA hofften und beteten im Hintergrund, aber Olmert und Abbas erwiesen sich als politisch zu schwach, um den Sprung zu wagen.

Der Kollaps erfolgte in dem Moment, in dem der Plan Wirklichkeit hätte werden können. Olmert zeigte im September 2008 Abbas eine Skizze mit den Grenzen des neuen Staates. Laut Rice wollte er das Abkommen sofort unterzeichnet haben, aber der Palästinenser-Führer sträubte sich und wollte erst seine Berater befragen. Olmert wollte ihm aber keine Kopie des Plans geben. Zu einem Nachfolgetreffen kam es nicht mehr.

Dann wollte US-Präsident George W. Bush das Abkommen wiederbeleben, als beide Politiker unabhängig voneinander im November und im Dezember bei ihm waren. Da wurde allerdings bereits gegen Olmert wegen Korruption ermittelt, und Abbas beschloss offenbar, auf den nächsten US-Präsidenten zu warten, um etwas Besseres auszuhandeln.

Was folgte auf diesen knapp verfehlten Erfolg? Das ist der deprimierendste Teil der Geschichte. Rice setzte als scheidende Außenministerin die neue US-Regierung unter Barack Obama von Olmerts Angebot in Kenntnis. Sie hoffte, die USA würden den Plan als Baustein für weitere Verhandlungen nützen und ihn vielleicht sogar dem UNO-Sicherheitsrat unterbreiten.

Obama entschied aber - und das ist einer seiner größten Irrtümer -, mit den Verhandlungen ganz von vorn zu beginnen. Was für ein Fehler. Der neue israelische Premier Benjamin Netanyahu legte ihn herein. Und der Friedensprozess ist, drei Jahre danach, so leblos wie eine Leiche.

Rice sagt, dass sie mit Olmerts Plan deshalb gerade jetzt an die Öffentlichkeit gegangen sei, "weil wir so weit hinten sind, dass der Friedensprozess wie eine aussichtslose Sache erscheint". Dabei sei ein israelisch-palästinensisches Abkommen durchaus machbar - nur dürften die beiden Seiten nicht weiter Gelegenheiten auslassen.

Als Rice 2007 die Annapolis-Friedenskonferenz organisierte, wurde sie als überoptimistisch kritisiert. Aber damals war mehr los, als viele Kommentatoren bemerkten. Ich glaube, alle Beteiligten würden die Zeit gern zu Annapolis zurückdrehen - ganz besonders die Israelis.

Übersetzung: Redaktion