Zum Hauptinhalt springen

Hartmann, Aufdeckerin im Balkankonflikt

Von Alexander U. Mathé

Kommentare

Eine französische Journalistin wurde vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien wegen Geheimnisverrats verurteilt.


Florence Hartmann steht seit Ende November in einer Reihe mit mutmaßlichen Kriegsverbrechern wie Slobodan Milosevic, Radovan Karadzic oder Ratko Mladic: Gegen sie liegt ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien vor. "Die Republik Frankreich ist hiermit angewiesen und autorisiert, Florence Hartmann ausfindig zu machen, zu verhaften und umgehend an das Gericht auszuliefern", heißt es im offiziellen Schreiben des Tribunals an die französische Justiz. Dabei war die verheiratete Mutter zweier Kinder selbst einmal Teil des Gerichts.

Hartmann begann ihre Karriere als Journalistin für die renommierte französische Tageszeitung "Le Monde". Während des Balkan-Kriegs war sie Korrespondentin im ehemaligen Jugoslawien. Die Französin war die erste Journalistin, die 1992 das Massaker von Vukovar aufdeckte, bei dem die jugoslawische Volksarmee und serbische Freischärler hunderte Menschen ermordet hatten. Später trat Hartmann vor dem Tribunal als Zeugin auf und brachte mehrere Offiziere in Verbindung mit dem Massenmord.

Ihr Wissen um die Gegebenheiten des Konflikts sowie ihr journalistisches Können machten sie zur Idealbesetzung für den Posten als Sprecherin und Beraterin der Haager Chefanklägerin Carla del Ponte, eine Stelle, die sie von 2000 bis 2006 innehatte.

Danach schrieb sie ein Buch, das ihr den Zorn und die Verfolgung des Gerichts einbringen sollte. In "Paix et Châtiment" ("Frieden und Bestrafung") enthüllte sie, dass der Strafgerichtshof heimlich entschieden hatte, Dokumente nicht zu veröffentlichen, die die Regierung in Belgrad mit Kriegsverbrechen in Verbindung brachten, darunter das Massaker von Srebrenica. Serbien hatte die Unterlagen für den Fall Milosevic bereitgestellt unter der Bedingung, dass sie geheim gehalten wurden - nicht zuletzt, um Schadenersatzforderungen zu vermeiden.

Hartmann wurde im September zu einer Strafe von 7000 Euro wegen der Verbreitung geheimer Informationen des Gerichts verurteilt. Die 48-Jährige rechtfertigte sich damit, dass dieses Wissen bereits öffentlich bekannt war, als das Buch erschien. Journalistenverbände gaben zu bedenken, dass im Falle einer Verurteilung dem geheimen Treiben des Gerichts künftig Tür und Tor geöffnet seien.

Das Tribunal bestand auf der Strafe. Hartmann beteuerte, das Geld bereitgestellt zu haben, im Haag erklärte man, es nicht erhalten zu haben. So erging Ende November der Haftbefehl. Hartmann würde eine Gefängnisstrafe von einer Woche blühen. Sorgen, dass sie tatsächlich ausgeliefert wird, muss sie sich wohl keine machen: Sie wäre die erste Französin, die von ihrem Land ausgeliefert wird.