Zum Hauptinhalt springen

Das Schmiergeld namens Nähe

Von Walter Hämmerle

Kommentare

Es gibt viele Wege zu positiven Medienberichten. Nicht alle haben mit politischem oder wirtschaftlichem Druck zu tun.


Peter Zudeick muss man nicht kennen. Einen Spruch dieses deutschen Journalisten vielleicht aber schon. Die schöne, kluge Wendung vom "Schmiergeld namens Nähe" stammt aus seiner Feder. Womit gesagt sein will, dass die Beeinflussung der Medien durch die Politik - und umgekehrt! - keineswegs nur mittels Druck oder finanzieller Zu- und Abwendungen erfolgt. Mitunter führt eine ungebührliche Zuneigung viel reibungsloser zur gewünschten Berichterstattung.

Mit dem Kanzler, den Ministern und Landeshauptleuten auf Du und Du zu stehen - welcher Journalist würde sich davon nicht in seinem eigenen Selbstwertgefühl bestärkt fühlen? Zumal sich diese Nähe zur politischen Macht ja auch redaktionell von Zeit zu Zeit in Form von mehr oder weniger ausgeprägten Exklusivgeschichten niederschlägt.

Dass es teils enge, teils Jahrzehnte zurückreichende Beziehungen zwischen den Protagonisten in Politik, Medien und Wirtschaft gibt, ist dabei nicht das Problem. Österreich ist nun einmal ein kleines Land und Wien dessen größtes Dorf, hier kennt schnell jeder jeden.

Das wirkliche Problem besteht darin, dass allenfalls eine erlauchte Schar von Insidern dieses durchaus enge und überaus prekäre Netzwerk zu durchschauen vermag. Wer mit wem beziehungsweise gegen wen, wieso und wie in lang andauernder Beziehung steht - darüber wird der durchschnittliche Bürger in aller Regel in entmündigender Unwissenheit gehalten. Auch von den Medien, deren erste Aufgabe ja eigentlich die Herstellung größtmöglicher Transparenz ist, besser: sein sollte.

Abhängigkeiten und Verflechtungen, durchaus auch persönlicher Natur, werden, wenn überhaupt, so nur dann thematisiert, wenn sie unliebsame Mitbewerber betreffen, bereits aktenkundig bei der Justiz oder die Missstände so augenfällig sind, dass Schweigen noch peinlicher wäre. Der Vorwurf betrifft die gesamte Medienlandschaft, ohne nennenswerte Ausnahme.

Die durchaus breite Debatte über die Inseratenvergabe der öffentlichen Hand, die Personalbesetzungspolitik im ORF oder die Eigentümerstrukturen einer Gratis-Zeitung und das Medien-Reich des Raiffeisen-Konzerns stehen nicht im Widerspruch zu dieser Behauptung. Dies wird thematisiert, weil sich entweder Mitbewerber am Markt benachteiligt fühlen oder aber aus Furcht vor der Vorherrschaft einer Partei.

Aber immerhin setzt sich im Hinblick auf die Politik hier langsam ein Problembewusstsein durch, wovon in anderen Bereichen - man denke nur an die Sportberichterstattung in vielen Medien - noch längst keine Rede sein kann.

Es ist wohl keine allzu gewagte These, dass, indem den durschnittlichen Medienkonsumenten das Wissen um die vielfachen und komplexen Verflechtungen innerhalb des medial-politisch-ökonomischen Komplexes zu weiten Teilen nach wie vor vorenthalten wird, die Medien selbst einen Beitrag dazu leisten, ihre eigene Glaubwürdigkeit zu untergraben.

Wie die Medien in ihrem Innersten ticken, ist eine hochpolitische Frage, die sehr viel mehr Menschen angeht als nur eine Schar verfreundeter Insider.