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Arbeit macht krank!

Von Ernest G. Pichlbauer

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Dr. Ernest G. Pichlbauer ist unabhängiger Gesundheitsökonom und Publizist.

Politiker sind Junkies geworden. Sie dürfen Probleme nicht mehr lösen, weil sie von ihnen leben. Der Machtwille hat den Gestaltungswillen besiegt.


P.T. Leser!

Erlauben Sie mir ein bisschen abzuschweifen.

Vor ein paar Tagen wurde in der politischen Elite heftig gestritten, ob Frauen wirklich 25 Prozent weniger verdienen. Schließlich gibt es Evidenz, dass der Unterschied deutlich kleiner ist, wenn man wirklich Äpfel mit Äpfeln vergleicht, also in den Einkommensstatiken jene Faktoren herausrechnet, die nichts mit dem Geschlecht zu tun haben.

Statt sich darüber zu freuen, beharrt aber das Frauenministerium - samt politisch korrektem Gefolge - darauf, dass Frauendiskriminierung nicht weniger, sondern mehr wird.

Nun, erklärlich ist das alles nicht, denn wir tun ja viel, um Frauendiskriminierung zu beenden - aber sie will, folgt man der Ideologie des Frauenministeriums, nicht kleiner werden. Das schien mir unlogisch, und so kam ich auf den Gedanken: Vielleicht wollen Politiker gar nicht, dass Probleme gelöst werden.

Unter diesem Blickwinkel habe ich das Problem betrachtet, dass unsere Senioren nicht mit allzu vielen gesunden Lebensjahren rechnen dürfen, wenigstens nicht mit so vielen, wie eben in jenen Ländern, die gleich viel für Pensionen und Gesundheit ausgeben wie wir.

Eine Studie, die bereits zwei Jahre alt ist, aber erst jetzt den Weg in die österreichische Öffentlichkeit fand, belegt, dass Männer, wenn sie, aus welchen Gründen immer, frühzeitig in Pension gehen, früher sterben; jedes Jahr verkürzt statistisch betrachtet das Leben um fast zwei Monate. Frühpension macht also sterbenskrank (diese Statistik ist im Übrigen sehr gut bereinigt, Krankheit zum Zeitpunkt des Antritts in der Pension verzerrt die Statistik nicht relevant). Obwohl das bekannt ist (die Schweizer Studienautoren untersuchen seit zehn Jahren mit geheimen Sozialversicherungsdaten den Zusammenhang Frühpension-Gesundheit), wird trotzdem festgehalten, dass Arbeit krank mache (so gesehen erst jetzt wieder, als AK-Chef Herbert Tumpel der Welt erklärte, Arbeit mache immer kränker, weil der Arbeitsdruck steige) und Pension eine wohlverdiente Erholungszeit eines langen und leidvollen Arbeitslebens sei.

Wenn nun Gesundheits- und Pensionssystem wirklich am Wohl der Menschen interessiert wären, müsste man aber das politische Klima so gestalten, dass Arbeit Spaß macht und man so lange wie möglich im Arbeitsprozess bleibt. Die Politiker müssten Anreize schaffen, damit so ein Klima entstehen kann - was automatisch bedeuten würde, Arbeitsleid nicht zu zelebrieren, Leistung positiver hervorzuheben etc. - doch wenn Arbeit nicht mehr Leid bedeutet und die Menschen gesünder werden, was macht dann unsere Sozialpartnerschaft?

Gute Frage, schließlich leben hunderte Politiker samt den dahinterstehenden Interessengruppen nur vom Leid (Krankheit und Arbeitsleid) der Menschen. Würde sich die Situation tatsächlich verbessern, all diese Politiker müssten sich neue Ideen einfallen lassen oder aber abdanken. Nun, da in unserem verkorksten System neue Ideen keine Chance haben, ist es wohl für jene besser, die Situation auch nicht zu verbessern . . .