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"Ihre Häuser werden ihre Gräber sein"

Von Alexander U. Mathé

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Die Christen in Syrien werden zwischen den Fronten aufgerieben. | Der Erzbischof der Rebellenhochburg Homs hofft auf einen Dialog.


So wie viele andere Christen in Syrien musste auch der Erzbischof von Homs von einem Tag auf den anderen seine Sachen packen und flüchten. Die Glaubensgemeinschaft in der Rebellenhochburg wird im Kampf zwischen Aufständischen und den Truppen von Präsident Bashar Al-Assad nach und nach aufgerieben. 50.000 Christen sind bereits aus Homs geflohen - 90 Prozent der dortigen christlichen Bevölkerung.

"Wir als Christen sind in dem Konflikt neutral", sagt Erzbischof Mor Silvanus Petros Issa Al-Nemeh. Doch das hilft in den Wirren der blutigen Gewalt wenig. Von seinem Sitz, der Mariengürtel-Kirche in Homs, haben Rebellen den syrisch-orthodoxen Erzbischof vertrieben. Sie ist eine der ältesten Kirchen im Nahen Osten, wo ein Teil des Gürtels der Heiligen Jungfrau Maria aufbewahrt wird, eine der am meisten verehrten Reliquien der orthodoxen Christenheit. Im Zuge der Aufstände in Homs seien Rebellen in die Kirche eingedrungen, hätten diese geplündert und die Gläubigen zuerst als Geiseln festgehalten, um sie später aus dem Gotteshaus zu vertrieben. Auch ein dazugehöriges Waisenhaus wurde dichtgemacht. Da die Aufständischen sie als Schutzschild missbrauchten, haben Assads Truppen wiederum die Kirche beschossen und beschädigt.

Tausende Wohnungen und Geschäfte von Christen wurden in Homs geplündert oder niedergebrannt. 250 Christen wurden bereits getötet. So ist die Flucht aufs Land - oder ins Ausland, wenn man sich das leisten kann - die einzige Option. Die Alternative sind Tod und Zerstörung. "Ihre Häuser werden ihre Gräber sein", erklärt Silvanus Petros. Doch mit der Flucht geht auch die Ungewissheit einher, jemals wieder in sein Heim zurückkehren zu können.

"Wir haben Angst. Was wird mit den Christen passieren, wenn Assad weg ist? Wird wirklich Ruhe einkehren?" Die Angst ist nicht unbegründet schon jetzt gibt es Berichte über islamistische Trittbrettfahrer, die im Schatten der Rebellion ihre terroristische Agenda verfolgen. Gelingt es Fanatikern sich festzusetzen, könnten finstere Tage für alle "Ungläubigen" heranbrechen. In Syrien versucht der 43-jährige Erzbischof seinen Gläubigen dadurch Mut zu machen, dass er ihnen erzählt, dass sie nicht die Zielscheibe der Gewalt seien. Es handle sich um einen Konflikt zwischen Militär und Regimegegnern.

Petros, der derzeit auf Einladung von CSI ("Christen in Not") in Österreich weilt, hat sich am Mittwoch mit Außenminister Michael Spindelegger getroffen. Der hat die Mittel für eine Verhandlungsrunde in Wien zugesagt. Der Dialog wäre ein kleiner Hoffnungsschimmer, doch für dessen Erfolg bedürfte es wohl eines Wunders.