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Dankbarkeit erzeugt keine Kunst

Von Edwin Baumgartner

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Die Salzburger Festspiele als unreflektiertes Kulinarium unter Peter Ruzicka und als künstlerische Stagnation unter Jürgen Flimm - die Gérard-Mortier-Nachfolge könnte unglücklicher nicht sein. Und nun zeichnet sich die nächste Niederung ab: die Buch-der-Rekorde-Methodik Alexander Pereiras, der seinerzeit als Direktor des Wiener Konzerthauses die Marathon-Konzerte erfand, Endlos-Veranstaltungen, die das Gegenteil von konzentriertem Zuhören bewirkten.

In Salzburg verlangt Pereira nun nicht vom Publikum das Sitzfleisch, sondern von Musikern ein kaum zumutbares Durchhaltevermögen bei einem extrem dicht programmierten Mozart-da-Ponte-Zyklus. Dirigent Franz Welser-Möst sagte unter einigem Mediengetöse ab.

Der Konflikt entzündete sich zwar an einem von Pereira schlampig abgesprochenen Termin, wurzelt aber tiefer: Als Welser-Möst Mitte der 1990er Jahre durch den unsanften Abgang als Chefdirigent des London Philharmonic Orchestra einen ernsten Karriereknick erfuhr, engagierte ihn Pereira, der Chef der Zürcher Oper war und stets an Welser-Mösts Begabung geglaubt hatte. Die Karriere des Dirigenten wurde zum unerwarteten Höhenflug. Im Gegenzug verlangte Pereira unbedingte Dankbarkeit.

Nun, in Salzburg, glaubte Pereira, er könne Welser-Möst Termine diktieren. Welser-Möst musste mit seiner Absage die Notbremse ziehen, um keinen Präzedenzfall zu schaffen. Er hat sich längst von Pereira emanzipiert - was Pereira offenbar nicht einsehen will. Dankbarkeit ist eben keine künstlerische Kategorie. Es wäre schlimm, wäre es anders.