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Achtsam, zweisam, einsam

Von Eva Stanzl

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"Bitte-seien-sie-achtsam", warnt die Ansage auf den Plattformen der Wiener U-Bahn, bevor sich die Türen schließen. Vielleicht sollten die Wiener Linien an dieser Stelle lieber die Stimme von Wolfgang Ambros ertönen lassen. Sein Lied "Halt, da ist a Spalt, passt’s auf, dass keiner einifallt" bringt die Sache nämlich auf den Punkt und verbreitet bessere Laune als das englische "Mind the Gap". Doch nichts: Der Wiener Untergrund bleibt philosophisch. Das Konzept der Achtsamkeit ist nämlich der buddhistischen Lehre entliehen und bezeichnet eine absichtsvolle Aufmerksamkeit, die sich auf den gegenwärtigen Moment bezieht und - jetzt kommt es - nicht wertend ist. Wir sollen also ohne jedwede innere Ablehnung gegen unsere Mitmenschen und ganz ohne Grant in die U-Bahn einsteigen und dabei auf uns selbst, die anderen, die Bewegungen aller und auf den Weltfrieden achten, damit ja nichts passiert.

Denn tun wir das nicht, könnte es sein, dass wir irgendwann im achtwöchigen Seminar "Mehr Lebensqualität und innere Ruhe mit Achtsamkeit" landen, für das die Gesellschaft für Komplementär- und Ganzheitsmedizin jetzt noch Restplätze hat. Dort könnten wir durch mehr Aufmerksamkeit gegenüber uns selbst und der Welt Lösungen für psychische Belastungen am Arbeitsplatz, in Familie und Partnerschaft erarbeiten. Das "Achtsamkeitstraining" verspricht, achtsam statt einsam zu machen, und vielleicht glücklich zweisam. Dagegen ist ein Fußballteam sicher elfsam. Nur das vatikanische Team ist dazu noch sittsam. Für die Mannschaft mit den wenigsten Roten Karten gibt es einen Sonderpreis bei der vatikanischen Fußballmeisterschaft.