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Mediales Feigenblatt

Von Solmaz Khorsand

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Neulich hat ein Jungjournalist mit türkischen Wurzeln einen Auftrag für eine Geschichte abgelehnt. Sein Argument: Er wolle nicht in die Integrationsecke gedrängt werden. Er hat recht. Er muss aufpassen. Vor allem in so einem geltungssüchtigen Beruf wie dem Journalismus, wo es um die eigene Vermarktung geht. Gnädigerweise wird uns, den Journalisten mit den unaussprechlichen Namen, ein Stempel bereits ohne unser Zutun aufgedrückt. Im besten Fall sind wir Zoologen "unserer" Communitys. Im schlimmsten deren Lobbyisten. Seit geraumer Zeit sind wir präsenter. Die Medienelite hat uns entdeckt. Wir dürfen in eigenen Medien in "unserem" frechen Sprech die Welt erklären. Und man hat uns eigene Ressorts, wie dieses, zur Verfügung gestellt, um auch einmal zu Wort zu kommen. Unabhängig von Talent, Leistung oder Disziplin - Herkunft ist das Hauptaugenmerk. Doch es braucht diese medialen Feigenblätter nicht.

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Dieser Appell klingt existenzgefährdend für jemanden, der ausgerechnet das Integrationsressort einer Zeitung mitbetreut. Aber es gehört als solches abgeschafft. Was soll es denn sein? Ein Abschiebegleis für jene Themen, die im Hauptteil der Zeitung keinen Platz haben, aber aus schlechtem Gewissen doch eben behandelt werden müssen?

Es braucht keinen Charity-Journalismus. Es braucht keine Lobby. Es braucht kein Sprachrohr für Möchtegernschreiberlinge. Es braucht gute Geschichten. Eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte. Egal worüber. Egal von wem.

Wenn das angekommen ist, kann der Kollege neben der österreichischen Innenpolitik auch ruhigen Gewissens über die türkische Community schreiben - ohne Angst zu haben, in eine Ecke gerückt zu werden.