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Robert King oder: Schuld und Können

Von Edwin Baumgartner

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Darf denn der noch auftreten? Das Comeback von Robert King beschäftigt die britische Presse. Der Alte-Musik-Guru und als Leiter des maßstabsetzenden King’s Consort Erzengel der britischen Sakralmusik nämlich wurde 2007 als Kinderschänder verurteilt. Der heute 53-jährige Dirigent saß dafür knapp vier Jahre im Gefängnis.

Und jetzt tritt dieser King also auf, als wäre nichts gewesen. Schlimmer noch: Er dirigiert ein Benefizkonzert zugunsten eines Fonds zur Pflege von Musik in Landkirchen, dessen Präsident niemand Geringerer ist als der Thronfolger: Prinz Charles und der Päderast - shocking nicht nur für die an der Grenze zum Buchstabeninfarkt erregte "Daily Mail", sondern auch für weite Teile der mehr oder weniger musikinteressierten Bevölkerung.

Dass King nach Verbüßung seiner Haftstrafe unangefochten im Ausland dirigiert hat, unter anderem regelmäßig im Theater an der Wien engagiert wurde und wird - egal. Dass King bis heute die Taten bestreitet - egal. Dass ihm, höchst seltsam, das Gericht trotz der ihm zur Last gelegten Verbrechen die Arbeit mit Kindern nicht untersagte - egal.

Andererseits: Wenn er schuldig ist und es sich um keinen Justizirrtum handelt, dann hat King fünf Menschen traumatisiert, ihnen vielleicht sogar das Leben zerstört - das darf nicht egal sein. Und auch diese Überlegung ist in die Beantwortung der eigentlichen Frage miteinzubeziehen, nämlich, ob berufliche Befähigung und persönliche Schuld zu trennen sind oder nicht. Die Antwort darauf muss sich freilich jeder gemäß seinem Gewissen selbst geben.