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Heldengeschichten aus dem Radsport

Von Christian Mayr

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Das ist der Stoff, aus dem die Heldenstorys im Sport geschrieben werden. Normalerweise. Ein 41-Jähriger, der in seiner fast 20 Jahre währenden Profi-Karriere fast nichts gewonnen hat, fährt auf der drittgrößten Radrundfahrt der Welt allen Favoriten auf und davon und damit seinen größten Sieg ein. Mit, wie gesagt, 41Jahren. Der, der dieses moderne Sportmärchen am Sonntag geschrieben hat, ist der US-Amerikaner Christopher Horner, der sich mit seinem Triumph bei der Vuelta im Rad-Rekordbuch als ältester Sieger einer der drei großen Rundfahrten verewigt hat. Und das just auf einer der schwersten Vueltas überhaupt, mit 13 Gebirgsetappen und 11 Bergankünften - mehr als auf der heurigen Tour de France (bei 3319 zu 3403,5 Kilometer Gesamtlänge).

Womit wir beim Hauptproblem dieses Heldenepos wären: In Zeiten, wo gedopte Siebenfach-Tour-Sieger gestehen (müssen), verstorbene Triumphatoren 15 Jahre später noch auffliegen und aktuelle Dominatoren den Geruch des Betrügers nicht mehr vom gelben Trikot bekommen, ist ein Mann im radsporttechnischen Pensionsalter, der den Jungen in den Bergen um die Ohren fährt, weniger eine Sensation denn ein Verdächtiger. Zur Verteidigung von Horner sei natürlich gesagt, dass er in seiner ganzen Karriere (seit 1996) noch keinen positiven Test abgeliefert hat - wie so viele andere auch. Dass er in den Comeback-Jahren von Lance Armstrong 2009 und 2010 einer seiner Domestiken war, rückt ihn zumindest in die Nähe des größten Doping-Sünders aller Zeiten. Vielmehr verwundert aber am Tag nach dem Vuelta-Sieg eine Meldung, wie man sie immer wieder von vermeintlichen Saubermännern hört: Doping-Kontrollore hätten Horner gerne aufgesucht, doch der Star sei nicht da gewesen. "Die Kontrollore sind zum falschen Hotel gekommen", heißt es. Wollen wir das Missverständnis nur glauben.