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Jogis blaues Wunder und Scolaris Busfahrer-Jacke

Von Christian Mayr

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Warum wir bei der Fußball-WM auch den Trainern auf die Arme und Beine schauen sollten.


Seit Montag kennen wir also nicht nur den erfolgreichen Spielstil der Deutschen, der sie wieder mal verdammt gut in eine WM starten ließ, sondern auch den diesjährigen Modestil von Erfolgscoach Jogi Löw. Nachdem er 2008 das taillierte weiße Hemd zur neuen Tracht einer ganzen Männergeneration gemacht und 2010 sein zarter Strickpullover mit V-Ausschnitt für intensive Diskussionen abseits der Stadion gesorgt hatte, ist nun Blau die neue deutsche Modefarbe auf der Bank. Natürlich in der idealen Passform, natürlich Langarm, natürlich aufgestrickt bei Temperaturen jenseits der 30 Grad in Salvador. So sehen Sieger aus. Man darf gespannt sein, ob Löw diesen ins Grünblaue gehenden Trainerdress bis ins Finale nach Rio am 13.Juli tragen wird - in diesem Fall wird dieses Hemd ganz bestimmt wieder Karriere machen. Das weiße von 2008 gibt’s übrigens immer noch zu kaufen: für wohlfeile 150Euro. Gewinnen die Deutschen und Brasilianer ihre Gruppe, dann kommt es im Finale jedoch fix nicht zum Aufeinandertreffen der beiden Fußball-Nationen und damit zweier unterschiedlicher Mode-Welten. Denn konträr zu den über Jahrzehnten praktizierten Spielstilen hat sich die Trainermode entwickelt: Die Trainer der kampfbetonten Fußball-Arbeiter Deutschland präsentieren sich in der Coaching-Zone als topgestylte Dressmen, während der aktuelle Stratege der stets um Eleganz bemühten Seleção eher wie ein hart arbeitender Schichtarbeiter daherkommt. Luiz Felipe Scolaris Überwurf mit weißem Querstreifen ist wahrlich kein optisches Gustostückerl und hierzulande von Busfahrern wohlbekannt. Aber sei’s drum, die Wahrheit liegt bekanntlich auf dem Platz, und wenn er die Brasilianer zum sechsten WM-Titel chauffiert, wird auch diese Jacke unsterblich werden. Generell spaltet die Kleiderfrage an der Outlinie sei jeher die Geister - die Gretchenfrage lautet stets: echter Anzug oder Trainingsanzug, elegant oder sportlich? Es sollte immer Ersteres sein, denn den Anzug für die Couch kann sich der Coach für die Pension aufheben. Frag nach bei Cesare Prandelli: Selbst nach 90 Minuten in der unerträglichen Urwaldhitze von Manaus wirkte der italienische Trainer in seinem Maßanzug noch edel und frisch. Es geht eben bei der WM nicht nur um Fußball, sondern auch um eine gute Figur an der Seitenlinie. Typisch Italien halt.