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Vorsicht, scharfe Halbsätze!

Von Bernhard Baumgartner

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Wer der Meinung war, bei WM-Spielen der Nationalmannschaft Uruguay ginge es mit leicht übertriebener Härte zur Sache, hat sich noch nie mit Popcorn und Cola vor dem Fernseher den Bachmann-Preis reingezogen. Was da an Blutgrätschen, Ellenbogen-Checks, Kopfstößen und sonstigen sportlich fragwürdigen Dingen läuft, überrascht unbedarfte Gemüter: Literatur kann tatsächlich wehtun!

Wie sonst ist es zu erklären, dass manche Juroren ihr Bewertungsschema offenbar direkt bei Dieter Bohlen abgeschaut haben. Wenn also Klagenfurt den Super-Literaten sucht, können sich die Autoren warm anziehen. So mancher zieht mit Wunden, die nicht mehr heilen, aus der Arena.

Was also motiviert junge Autoren, sich sehenden Auges der Gefahr auszusetzen, dass eine bislang ganz passable Karriere mit ein paar hingeworfenen Sätzen vor versammelter Branche in die Tiefen des Wörthersees (Ironie!) hinabsinkt? Es ist wohl die Chance auf das ganz große Los, die Chance, am Sonntag im Bachmann’schen Literatur-Roulette den großen Treffer zu machen und über Nacht berühmt und im Literaturbetrieb etabliert zu sein. Und dass sich somit auch Verlage, denen das Manuskript bislang nicht einmal eine Antwort wert war, die Klinke in die Hand geben. Aber wehe, die Kugel fällt auf "Zero", dann war es das mit dem Schreiben, dann kann man sich schon mal um einen Job als Versicherungskeiler umsehen.

Das hat schon oft etwas von einem russischen Roulette - nur dass hier mit geladenen Halbsätzen scharf geschossen wird. Und zwar nicht auf Tore, sondern auf jene Toren, die sich dem stellen.