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Gewandelte Verhältnisse

Von Tamara Arthofer

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Tamara Arthofer
Tamara Arthofer ist Sport-Ressortleiterin.

Man muss die deutschen Fußballer nicht mögen. Doch es fällt schwer, ihnen den Titel nicht zu gönnen.


Gut, der Kurpark Bad Sauerbrunn ist jetzt nicht repräsentativ als Nabel der großen, weiten Public-Viewing-Welt zu sehen - ein Unbegriff übrigens, dem man sich seit der WM 2006 nicht entziehen kann, auch wenn man noch so will. Öffentliches Schauen klingt halt doch nicht ganz so spektakulär. Und mit der WM 2006 hat es ja auch begonnen; nicht nur dass jene Veranstaltungen, bei denen in den großen Städten, aber eben auch in beschaulichen Gemeinden riesige Leinwände zum gemeinsamen Fußball-Schauen einladen, wie die Schwammerl aus dem Asphalt- und Provinzboden geschossen sind, sondern auch dass sich die Gunst der österreichischen Zuschauer ein bisschen gewandelt hat; zu sehen eben auch hier. Die Sympathien sind beim Finale zumindest ausgewogen, Schmähgesänge auf die einst so verhassten Lieblingsnachbarn gibt es nicht, stattdessen ist selbst von den Argentinien-Daumendrückern ein zerknirschtes "Okay, verdient haben sie sich’s ja" zu hören. Man denkt dabei weniger an dieses eine Spiel, in dem es sich auch Argentinien verdient hätte und man Lionel Messi, den Unvollendeten, am liebsten irgendwie getröstet hätte dafür, dass er dann wie zum Hohn auch noch mit dem Trostpreis für den Spieler des Turniers bedacht wurde. Man denkt eher an Freunde aus Deutschland, die zum Studium hierhergekommen und zu Familienmitgliedern geworden sind, vielleicht an deutsches Bier, und man denkt an eben diese WM 2006, die einiges geändert hat. Deutschland hat sich dort als sympathisches Gastgeberland präsentiert, und noch viel wichtiger: Die Fußballer haben den Rumpelkick, davor für die Augen vieler Bewunderer des schönen Spiels eine Beleidigung, hinter sich gelassen und auf ein junges Team gesetzt, das kombinieren und angreifen kann. Dass die Reise, auf die Teamchef Jürgen Klinsmann und sein Co Joachim Löw die Fans mitgenommen haben, nun, acht Jahre danach, zum Titel führte, kann man als gerecht empfinden, wenn es so etwas im Sport überhaupt gibt -, gerade weil sie auch mit Rückschlägen verbunden war. Auch in Brasilien sah sich Löw Kritik ausgesetzt: Mal war es die Ausrichtung, die nicht mehr ganz so offensiv war wie bei den vorangegangen Turnieren, sondern auf den Gegner und die zu Beginn besorgniserregende Personalsituation zugeschnitten war, die nicht gefiel, dann waren es die Personalrochaden. Doch die Deutschen können eben nicht nur auf taktische Ordnung, sondern auch auf Spieler zurückgreifen, die mehrere Positionen ausfüllen können - und das wiederum ist ein Produkt der gezielten Nachwuchsförderung im Vorfeld der WM 2006. Man muss die deutschen Fußballer nicht mögen, man kann die Jubelfeiern für überzogen halten, doch es fällt schwer, das alles nicht anzuerkennen. Und auch jene, die das trotzdem nicht tun, können beruhigt sein: Jetzt ist eh erst mal zwei Jahre Pause bis zum nächsten Turnier. Und dazwischen kommt der nächste Ski-Weltcup bestimmt.