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Der Frankenstein der britischen Parteienlandschaft

Von Alexander U. Mathé

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Ukip-Gründer Alan Sked hat mit seiner Partei nichts mehr am Hut.


Alan Sked fühlt sich wie Dr. Frankenstein. "Ich habe ein Monster geschaffen", sagt der Gründer der Partei für die Unabhängigkeit des Vereinigten Königreichs (Ukip). Die rechtspopulistische Partei steht für Ausländerfeindlichkeit, Ablehnung von Multikulturalismus, Förderung von Atomenergie, Erhöhung des Militäretats, Streichung von staatlichem Klimaschutz und für EU-Feindlichkeit. Mit dem, was Sked eigentlich wollte, hat das nichts mehr zu tun. Das große Ziel des 67-Jährigen war und ist es lediglich, dass Großbritannien aus der EU austritt. Sked ist aus Glasgow und stammt aus einer Familie der Arbeiterklasse, die mit ihm zum ersten Mal ein Mitglied auf die Universität geschickt hat. Sked nutzte die Chance: Er studierte in Oxford, wo er mehrere Schriften zur Habsburgermonarchie verfasste und unterrichtet heute selbst an der renommierten London School of Economics. Wie es so oft der Fall zu sein pflegt, stand am Anfang seines EU-Hasses das Gegenteil: Er unterstützte die europäische Integration und stimmte für den Eintritt des Vereinigten Königreichs in den Europäischen Wirtschaftsraum. "Ich hoffte die europäische Einheit würde dem Kontinent Frieden, Prosperität und Demokratie bringen", erklärte er in einem Gastkommentar für das Magazin "The Atlantic". "Stattdessen steht sie heute offensichtlich für Pazifismus, relativen Wirtschaftsabschwung, Bürokratie und Korruption", ist er enttäuscht. Spätestens mit dem Ausbau der Kompetenzen des europäischen Parlaments sah er rot. Niemals wollte er eine Institution haben, die die Autorität und demokratische Macht seines Parlaments in Westminister untergräbt. Also gründete er Ukip. Ein Teil der Mitgliedschaftserklärung liest sich wie folgt: "Wir anerkennen die Legitimität des Europäischen Parlaments nicht und werden Repräsentanten lediglich ins britische Parlament in Westminster entsenden." Doch davon hat sich Ukip längst entfernt und hat Abgeordnete in Straßburg sitzen. Schlimmer noch: Dazu konnte es nur durch das von der Union vorgegebene Verhältniswahlrecht bei den EU-Wahlen kommen. Denn nach dem britischen Mehrheitswahlrecht wäre Ukip chancenlos. Und dann sind Ukip-Abgeordnete auch noch genau wegen der Korruption belangt worden, die sie eigentlich anprangern. Ein Desaster für Sked. Bei der verfehlten EU-Politik endet seine Abneigung gegen die Partei, die er geschaffen hat, nicht. Legte man zu seiner Zeit noch ein Bekenntnis gegen Rassismus und Vorurteile gegen Fremde ab, so stellt sich die Partei inzwischen gegen Multikulturalismus. Den derzeitigen Ukip-Chef Nigel Farage nennt Sked schon einmal einen "unterbelichteten Rassisten". Als solcher könnte Farage das Referendum zum EU-Austritt des Königreichs negativ beeinflussen. Denn wenn so jemand für den EU-Austritt wirbt, muss er die Leute ja geradezu dem anderen Lager in die Arme treiben.