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Der Nobelpreis, eine Seifenoper

Von Christina Böck

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Heuer war es also ein bisschen langweilig. Gewonnen hat den Literatur-Nobelpreis tatsächlich jene Person, die seit Tagen von den Buchmachern als Favoritin geführt worden war. Wenn man Komitee-Insider Geir Lundestat glaubt, dann war daran wahrscheinlich Thorbjörn Jagland schuld. Der schwedische Ex-Premier war von 2009 bis 2014 Vorsitzender des Nobelpreis-Komitees und ist nach wie vor eines der fünf Mitglieder. Lundestat hat in seinem Buch "Fredens sekretaer" ("Friedenssekretär") unter anderem Jagland der Indiskretion bezichtigt: Aus Eitelkeit gebe er Journalisten immer wieder vorab Hinweise, wer den Nobelpreis erhalten würde.

Jagland hat sich gegen diese Vorwürfe verwehrt. Das Buch arbeitet sich aber nicht nur am ehemaligen Komitee-Vorsitzenden ab, auch Preisträger-Entscheidungen werden aufgerollt. So soll die Vergabe des Friedensnobelpreises an den chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo ein "Betriebsunfall" gewesen sein. Das Komitee habe Angst vor der eigenen Courage bekommen, der Umfaller habe sich aber herumgesprochen und so wurde Liu der Preis zugesprochen, um den Nobel-Ruf zu retten. Lundestat erklärt auch, warum Papst Johannes Paul II. nie den Friedensnobelpreis bekommen habe: Ein lutherischer Altbischof habe das Jahr für Jahr verhindert.

Nun sind solche "Enthüllungsbücher" immer mit Vorsicht zu genießen, aber bei den mitunter kuriosen Entscheidungen des Komitees ist es verlockend, Blicke hinter die Kulissen zu werfen. Sei es nur, um sich zusammenzureimen, welches Komitee-Mitglied wohl Philip Roth, den ewigen Verlierer, so hasst.