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Von Träumen und Zäunen

Von Tamara Arthofer

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Tamara Arthofer
Tamara Arthofer ist Sport-Ressortleiterin.

Die Insolvenz von Austria Salzburg war eine mit Anlauf - und sie offenbart wieder einmal die Probleme an der Schnittstelle zum Profitum.


Träumen wird man ja wohl noch dürfen, das hat schließlich Tradition im österreichischen Fußball. Man wolle den Klassenerhalt in der Ersten Liga schaffen, verkündete Austria Salzburg am Mittwoch gleichzeitig mit dem Bekenntnis, insolvent zu sein - wohlwissend, dass es das kaum spielen wird. Denn laut Lizenzierungsbestimmungen der Bundesliga hat eine Insolvenz den Zwangsabstieg nach der Saison zur Folge. Dabei ist noch nicht einmal klar, ob die Austria, die laut eigenen Angaben Verbindlichkeiten von 1,2 Millionen Euro drücken, überhaupt die laufende zu Ende spielen kann. In Salzburg regiert diesbezüglich Zuversicht, bei der Bundesliga nur vage Hoffnung. Schließlich würden Spielausfälle und Strafverifizierungen dem Wettbewerb massiv schaden, heißt es. (Allerdings verzerrt es diesen nicht weniger, wenn ein Verein, dessen Schicksal ohnehin schon besiegelt ist, weiter seine Spiele austrägt, aber das ist - siehe Liefering, das als Red-Bull-Dependance seinerseits nicht aufsteigen darf - ein anderes Thema.)

Bei Austria Salzburg dürfte nun jedenfalls genau jene Mischung aus Tradition und Träumen zum wirtschaftlichen Kollaps geführt haben. Zwar wurde der Verein offiziell erst 2005 neu gegründet, er beruft sich aber auf die Vergangenheit der alten Austria Salzburg, die in den Neunzigern vor der Red-Bull-Übernahme dreimal Meister wurde und mit dem Uefa-Cup-Finaleinzug 1994 europaweit für Furore sorgte. Auf Faninitiative neu gegründet, fing man wieder von ganz unten an, doch die Sehnsucht von der großen Bühne war geblieben. Mit der Rückkehr in den Profisport zu Beginn dieser Saison wurde diese nun gestillt - um welchen Preis, das zeigt sich jetzt, womit sich die Salzburger in die unrühmliche Liste jener Klubs einreihen, deren Träume an den wirtschaftlichen Anforderungen im Profibereich zerschellt sind: Die Erste Liga hat in den vergangenen Jahren schon diverse Vereine abgeworfen, frag nach bei der Vienna, dem FC Lustenau, dem Lask (bevor der Wiederaufstieg gelungen ist). Die Bundesliga rühmt sich zwar, dass genau das auch zeige, wie streng die Lizenzbestimmungen sind, dass finanzielles Wurschteln eben nicht toleriert werde, und das mag sogar stimmen. Doch es ist eben nur die halbe Wahrheit. Denn wenn auch die Bundesliga (halbwegs) funktionieren mag - der Übergang zwischen Profi- und Amateurbereich tut es ganz offensichtlich nicht. Und der - im wahrsten Sinne des Wortes - Fall von Austria Salzburg ist sowieso einer mit Anlauf. Denn die Stadionmisere, deretwegen man die Lizenz auch erst in zweiter Instanz erhalten hat, ist nicht erst seit gestern bekannt, dass Hochrisikospiele mittlerweile im fernen Wien-Floridsdorf ausgetragen werden, eine Groteske der Sonderklasse. Und während die Spieler auf Wanderschaft sind, wollte man gleich zwei Stadien, die eigentliche Heimstätte in Salzburg-Maxglan und das Ausweichstadion in Schwanenstadt, infrastrukturell aufrüsten. "Bauliche Maßnahmen" seien schuld am Finanzloch, heißt es nun. Bauliche Maßnahmen, das klingt ein bisserl nach, nun ja, Zaun. Und ein solcher wird Austria Salzburg wohl bald wieder vom Profifußball trennen. Das ist schade, wird damit doch auch ein Stück österreichischer Fußball-Tradition wieder im Nirgendwo verschwinden. Doch von dieser lebt es sich halt nicht alleine. Und von hochtrabenden Träumen schon gar nicht.