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Retten wir Goethes Karriere!

Von Edwin Baumgartner

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Grünen-Chefin Eva Glawischnig lässt juristisch gegen Facebook-Postings vorgehen, die ihr in hetzerischer Absicht frei erfundene Zitate in den Mund legen. Warum Johann Wolfgang von Goethe, immerhin Anwalt, diesen Weg nicht beschreitet, weiß nur er selbst. "Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf", soll er gesagt haben. Auf Facebook wird das massenhaft geteilt.

Nun mag Goethe vielleicht stolz darauf sein, dass man ihm überhaupt ein Zitat unterschiebt, schließlich werden einem Hobbydichter nicht gar so oft geflügelte Worte zugeordnet. Aber begreift der Mann nicht, wie schädlich diese Aussage für seine politische Karriere sein kann? Ich meine: "Demokratie" - damit kann sich der herzogliche Finanzminister um Kopf, Kragen oder, noch schlimmer, Salär reden.

Und was dann?

Von einem reitenden Vater mit seinem spökenkiekenden Bankert kann man nicht leben, und wenn die Reime noch so tüchtig gebaut sind. Oder soll er am Ende ein Drama über eine Kindsmörderin und einen gescheiterten Theologen schreiben, der zum geilen Gockel wird? Das würde nichts bringen, der Mann ist schließlich kein Kotzebue.

Um Goethe also seine Karriere zu retten und der deutschsprachigen Literatur ein paar sonntagsdichterische Peinlichkeiten zu ersparen, sei festgestellt: Von wem das Zitat stammt, ist unklar. In Umlauf gebracht hat es der deutsche Kulturhistoriker Hermann Glaser, der aber die Urheberschaft von sich weist. Goethe jedenfalls hat das nie gesagt. Oder, um mit Heinrich Heine zu reden: "Lug und Trug sind überall, Facebook ist da wohl kein Sonderfall."