Zum Hauptinhalt springen

Samenbank rettet Vietnamesin das Leben

Von Alexander U. Mathé

Kommentare

Ungewöhnliche Spritze statt Todesinjektion.


Wieviel kostet ein Menschenleben? Im Fall von Nguyen Thi Hue waren es gut 2000 Euro. Die 42-jährige Vietnamesin wartete monatelang in einem Gefängnis der nordöstlichen Provinz Quang Ninh auf ihre Hinrichtung. 2012 war sie wegen Drogenschmuggels verhaftet worden und bei dem hört sich für vietnamesische Behörden der Spaß auf. Das südostasiatische Land hat mit eines der strengsten Rauschmittelgesetze der Welt. Im Jahr 2014 wurde die Todesstrafe über Nguyen verhängt und noch im selben Jahr ihre Berufung abgewiesen. Ab diesem Zeitpunkt musste Nguyen jederzeit mit dem Schlimmsten rechnen. Doch mit einem Trick gelang es ihr, dem Sensenmann noch einmal von der Klinge zu springen. Dies offenbar mit der Hilfe eines anderen Gefängnisinsassen. Die staatliche Jugendzeitung "Thanh Nien" berichtet, dass Nguyen dem Häftling umgerechnet 2076 Euro gezahlt habe, damit er ihr eine selbstgebastelte Samenbank zur Verfügung stellt. Der 27-Jährige , der im selben Gefängnis wie Nguyen einsitzt, hinterließ an einem vereinbarten Versteck ein Plastiksackerl mit seinem Sperma und Spritzen. Beide kombiniert und in den Unterleib eingespritzt sollten ihr zur Schwangerschaft verhelfen und damit ihr Leben retten. Denn der vietnamesischen Gesetzgebung zufolge dürfen Schwangere und Mütter von Kindern unter drei Jahren nicht hingerichtet werden. Eine über sie verhängte Todesstrafe muss in eine lebenslange Haft umgewandelt werden. Im zweiten Anlauf klappte es mit der ungewöhnlichen Spritze, die Nguyen die Todesinjektion ersparen sollte. In etwa zwei Monaten ist ihre Niederkunft angesetzt, während ihre Strafe umgewandelt wird. Bei der Justiz war man von diesem Trick freilich wenig begeistert. Vier Mitglieder der Justizwache wurden suspendiert, bis die näheren Umstände des Schwangerschaftscoups geklärt werden. Unerfreuliche Aussichten für die Beamten, denn so einen ähnlichen Fall hat es in Vietnam schon einmal gegeben. Im Jahr 2006 entging eine Namensvetterin Nguyens, Nguyen Thi Oang, auf ähnliche Weise ihrer Hinrichtung. Um mit einem Häftling Sex zu haben, wurden die Wachen bestochen, damals noch zum Spottpreis von 65 Euro - wenn auch das Verfahren dafür mehr Körperkontakt involvierte. Nach den abgeschlossenen Ermittlungen wurden zwei Gefängniswärter wegen Machtmissbrauchs zu Strafen von bis zu fünf Jahren Haft verurteilt. Nguyen Thi Hue hat mit ihrem aufsehenerregenden Trick aber nicht nur ihr Leben gerettet. Sie hat erneut eine Diskussion über die Todesstrafe in Vietnam losgetreten. Dass diese auf fruchtbaren Boden fällt, mag allerdings bezweifelt werden. Denn einer von der Rechtsfakultät der Universität Ho Chi Minh Stadt durchgeführten Umfrage zufolge befürworten 92 Prozent der Vietnamesen die Todesstrafe.