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Computerspiele auf dem Weg zum anerkannten Sport

Von Alexander U. Mathé

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Alexander U. Mathé

Matthieu Dallon ist der Präsident des frischgegründeten französischen eSport-Vereins.


Matthieu Dallon ist Franzose und er ist Präsident. Zwar nicht des realen Landes - das ist François Hollande -, aber im virtuellen Reich. Er wurde zum Oberhaupt von France eSports gekürt, der in der Grande Nation am Mittwoch offiziell gegründet wurde. Dabei handelt es sich um einen Verein, der sich der kompetitiven Auseinandersetzung - sprich: Wettbewerben - mit Computerspielen widmet. Und das ist eine nicht zu unterschätzende Sache. Von manchen belächelt (oder mit dicken Nerds assoziiert, die sich von Chips und Cola ernähren) hat sich die virtuelle Welt in der realen bereits fest verankert. Die Dimension lässt sich an ein paar Zahlen abschätzen. Beim jüngsten großen Turnier - dem "International" in Seattle, in dem das Spiel "Dota 2" gespielt wurde - wurden knapp 16,5 Millionen Euro an Preisgeldern ausgeschüttet. Zum Vergleich: Bei den Hahnenkammrennen in Kitzbühel wurde heuer an die Ski-Asse der Rekordbetrag von insgesamt 645.000 Euro ausgezahlt. Und die eben zu Ende gegangenen Tennis Masters in Monte Carlo waren mit 3,7 Millionen Euro Preisgeld dotiert. (Wer sich die Gamermeister ansieht, bemerkt übrigens, dass diese eher die Statur eines Rafael Nadal als eines Couch-Potatos haben.) Das Basketball-Finale in den USA verfolgen weniger Menschen als das "Dota 2"-Finale. Als Industrie sind die Computerspiele längst an Hollywood & Co dran. Während alle Filme weltweit 2015 etwa 33,5 Milliarden Euro einspielten (nur Kassenverkauf ohne DVDs), umfasste der Spielemarkt mehr als 65,5 Milliarden Euro. Das alles sind Faktoren, die für Matthieu Dallon einen ernsthaften Zusammenschluss aller an dem Genre Beteiligten notwendig machen. "Die erste Etappe besteht darin, eine gewisse Reife aller Beteiligten zu beweisen. Wir zeigen, dass wir an einem Strang ziehen, auch wenn wir im täglichen Leben Konkurrenten sind", erklärte er am Tag der Vereinsgründung gegenüber "Millenium TV". Abgelaufen ist das Ereignis mit Brief und Siegel von der Regierung im Ministerium für Finanzen und mit der Staatssekretärin für Digitales, Axelle Lemaire, die die Schirmherrschaft übernommen hat.

Immerhin ist für Frankreich die Spieleindustrie ein wichtiger Faktor: Im Jahr 2015 setzte sie fast 3 Milliarden Euro um und schuf dabei zigtausende Arbeitsplätze. Es gibt etwa 500 Profispieler, 500.000 die regelmäßig an Wettbewerben teilnehmen und fünf Millionen, die Computerspiele als Teamsport praktizieren. France eSports beginnt jetzt damit, Richtlinien und Regeln für die Gamer auszuarbeiten, die von Gesetzen gegen (physisches und technisches) Doping bis zum Schutz Minderjähriger reichen. Noch handelt es sich bei France eSports nicht um einen Verband. Auch wenn dieser das erklärte Ziel des Vereins ist, ist die Zeit dafür aus kulturellen und legistischen in Frankreich noch nicht reif, meint Dallon. Ebenso wie der französische eSport erst am Anfang steht, glaubt er aber auch, dass die Computerspielmeisterschaften erst am Anfang ihres Potenzials stehen. Und wird einmal ein Verband gegründet, stünde auch einer längst fälligen Mitgliedschaft in der International eSports Federation (zu deren Gründungsmitgliedern der Vizeweltmeister von 2012, Österreich, gehört) nichts mehr im Wege.