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Licht in dunkle Vorgeschichte

Von David Ignatius

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Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

Das Atomabkommen mit dem Iran ist aus dem US-Präsidentschaftswahlkampf verschwunden - ein neues Buch wirft Fragen dazu auf.


Warum das Atomabkommen mit dem Iran von der Themenliste verschwunden ist, das ist eines der Rätsel des laufenden US-Präsidenschaftswahlkampfes. In einem neuen Buch werden einige Details über den Beginn der geheimen Gespräche mit Teheran enthüllt und welch entscheidende Rolle dabei Hillary Clinton, wahrscheinliche Präsidentschaftskandidatin der Demokraten und damalige Außenministerin, dabei einnahm.

In "Alter Egos" von Mark Landler, Regierungskorrespondent der "New York Times", wird zum ersten Mal in vollem Umfang die geheime Verbindung zum Iran über den Oman enthüllt, die 2009 durch den schillernden Vermittler Salem ben Nasser al-Ismaily ihren Anfang nahm. Landlers Bericht zeigt, wie früh und umfassend Clinton und ihre Mitarbeiter in die Gespräche eingebunden waren, trotz Clintons anfänglicher Zurückhaltung.

Diese Geschichte erinnert daran, dass diplomatische Durchbrüche oft über seltsame, unsichtbare Kanäle zustandekommen, die - wie in diesem Fall - die US-Regierung manchmal zu verdunkeln versucht.

Der Kontakt über Ismaily hat im Mai 2009 begonnen, vier Monate nachdem US-Präsident Barack Obama sein Amt angetreten hatte. Dennis Ross, damals Berater von Clinton, traf mit dem 51-jährigen Omaner Ismaily im US-Außenministerium zusammentraf. Gleich beim ersten Treffen überraschte Ismaily mit einem Verhandlungsangebot des Iran über sein Atomprogramm, schreibt Landler. Obama hatte zuvor bereits ein geheimgehaltenes Schreiben über Verhandlungen an Ayatollah Ali Khamenei gerichtet, aber eine zögernde Antwort erhalten. "Ismaily versicherte Ross, er könne die Iraner an den Verhandlungstisch bringen", und dass der Oman "ein idealer Ort für Geheimverhandlungen" wäre. Beides hat sich bewahrheitet.

Zuerst aber fand 2009 die iranische Präsidentschaftswahl statt, wobei es zur brutalen Unterdrückung der "Grünen Revolution" kam. Der damalige Senator und jetzige Außenminister John Kerry stieg auf das inoffizielle Verhandlungsangebot ein. 2011 und Anfang 2012 war er mehrmals im Oman und traf mit Ismaily zusammen, den er auch in London, Rom und Washington traf. Landlers Buch geht auch der Frage nach, ob die Medienkampagne der US-Regierung zu sehr auf die Verhandlungen, die seit der Wahl Hassan Rouhanis stattgefunden haben, verwiesen hat und dabei die weitgehend unbemerkten frühen Kontakte über den Oman im Dunklen ließ. Im "New York Times Magazine" heißt es, dass dieser Eindruck "hauptsächlich erzeugt wurde, um den Deal zu verkaufen". Das Eingreifen der US-Regierung wurde erneut sichtbar bei den Kürzungen eines Pressebriefings über die Geheimverhandlungen mit Teheran im Dezember 2013.

Das Atomabkommen mit dem Iran verdient im laufenden Wahlkampf jedenfalls mehr Aufmerksamkeit. Kerry und Obama haben die Verhandlungen zum Abschluss gebracht, Clinton half, sie ins Leben zu rufen. Trump muss erklären, inwiefern die Welt ohne dieses Abkommen sicherer sein würde und wie er ein besseres Abkommen ausgehandelt hätte.
Übersetzung: Hilde Weiss