Zum Hauptinhalt springen

Zu spät geurteilt ist auch verloren

Von Christoph Rella

Kommentare

Es gibt beileibe günstigere und weniger nervenaufreibende Voraussetzungen, unter welchen man als Athlet bei Olympischen Spielen antreten kann und darf. Während sich die überwiegende Mehrheit über viele Wochen auf die Wettkämpfe, die am Freitag - also schon in zwei Tagen - in Rio eröffnet werden, hinarbeiten und vorbereiten konnte, durchleben aktuell einige russische Sportler einen regelrechten Albtraum.

Statt an der Copacapana einige Laufrunden zu drehen und sich körperlich wie mental auf die kommenden Herausforderungen einstellen zu können, kämpfen sich die Athleten - darunter drei Schwimmer sowie je ein Kanute, Gewichtheber und Ringer - durch Berge von Doping-Gutachten und Prüfungsakten, um die Richter des Sportgerichtshofes (CAS) von ihrer Unschuld zu überzeugen und vielleicht doch noch eine Starterlaubnis für Olympia zu erwirken. Bis Freitag sollen alle Fälle entschieden sein.

Nun kann man die Richter zu diesem bürokratischen Gewaltakt sicher beglückwünschen, ebenso auch jene russischen Kollegen, deren Einspruch möglicherweise fruchtet und die nun doch noch bei den Spielen in Rio mit dabei sein dürfen. Ob sie dort aber nach all dem Stress beim CAS und ob der Tatsache, kaum Gelegenheit zur Vorbereitung gehabt zu haben, auch Erfolg haben, steht auf einem anderen Blatt. Bittere Enttäuschungen sind jedenfalls nicht auszuschließen - gefolgt von Schuldzuweisungen zwischen Athleten, Verbänden, CAS und IOC. Dem Gesetz mag mit diesen Last-Minute-Urteilen vielleicht Genüge getan sein, nicht aber dem Recht (sauberer) Sportler auf faire Ausgangsbedingungen.