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Die Medien, Trump, Strache und Hofer

Von Walter Hämmerle

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Die Frage, wie guter Journalismus mit selbst ernannten politischen Außenseitern umgehen soll, harrt weiter einer Antwort.


Natürlich gibt es im wirklichen Leben so etwas wie Objektivität nicht. Nicht in der Wissenschaft und schon gar nicht im Journalismus, wo nüchterne Berichte eigentlich dem Gebot der Neutralität unterliegen. Das liegt in der Natur von uns Menschen, weshalb sich auch Wissenschafter und Journalisten - und sogar Richter - nie zur Gänze von ihren persönlichen Leidenschaften trennen können, obwohl es die Lehrbücher ihrer Zünfte eigentlich von ihnen verlangen würden.

Aber am grundsätzlichen Prinzip wird trotzdem nicht gerüttelt. Zumindest Qualitätsmedien nehmen für sich unverändert in Anspruch, in Berichten neutral über Ereignisse oder Aussagen zu berichten. Be- und gewertet wird dann in Kommentaren und Analysen. So jedenfalls der selbst gesteckte Vorsatz.

Was aber, wenn die Politik - zugegeben eine subjektive Einschätzung - selbst die Spielregeln außer Kraft setzt, etwa indem sie ganz unverhohlen die Unwahrheit behauptet oder durch Wort und Tat das Gemeinwohl oder den friedlichen Zusammenhalt einer Gesellschaft gefährdet. Hat nicht eine solche Politik das Anrecht auf journalistische Neutralität verwirkt?

Diese Frage treibt die Qualitätsmedien in den USA um, seit Donald Trump als Kandidat der Republikaner ernsthafte Ansprüche auf das mächtigste Amt der Welt angemeldet hat. Und die Entwicklung des Wahlkampfs, in dem die irrlichternde, aggressiv-egozentrische und zunehmend völlig außer Rand und Band agierende Persönlichkeit des Immobilien-Unternehmers und Reality-TV-Stars immer offener zutage kommt, hat die Frage nach dem angemessenen journalistischen Umgang mit Trump nur noch dringlicher werden lassen.

Österreich hat keinen Trump, aber in den Augen vieler gehört die FPÖ, gehören Parteichef Heinz-Christian Strache und Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer, in den gleichen Topf wie der US-Politiker. Sieht man einmal von jenen ab, die mit ihrer Kritik an der FPÖ nicht zuletzt eigene politische Interessen verfolgen, bleibt eine erkleckliche Zahl an Menschen, und darunter eben auch Journalisten, die überzeugt sind, dass von den Freiheitlichen eine Gefahr für Demokratie, Rechtsstaat und Gemeinwohl ausgeht. Neutralität erscheint diesen Bürgern geradezu als Kapitulation, ein Abweichen vom Gebot journalistischer Äquidistanz als staatsbürgerliche Pflicht.

Die so verfemten Parteien und Personen drehen den Spieß um und erklären sich zu Opfern von einseitig berichtenden Medien. In Österreich (und Deutschland) wurde so der Vorwurf der "Lügenpresse", die mit den Mächtigen im selben Boot säßen, zum Kampfbegriff gegen Medien, zum geflügelten Kampfbegriff der selbst ernannten Außenseiter. Und sie fordern ihre Anhänger dazu auf, den etablierten Medien gleich überhaupt den Rücken zuzukehren und sich stattdessen auf den neu hochgezogenen Kommunikationskanälen der Ausgestoßenen die notwendigen Informationen für die Bestätigung der eigenen Weltsicht zu holen.

Das ist der Stoff, aus dem die Spaltungen unserer Gesellschaft bestehen: Zwei politische Lager, zwei Medienwelten, zwei Lebenswelten. Ein Teufelskreislauf, der am Ende nur Verlierer hinterlassen wird.