Zum Hauptinhalt springen

Nächster Anlauf zur Wiedervereinigung

Von Martyna Czarnowska

Kommentare

Die griechischen und türkischen Zyprioten verhandeln in der Schweiz über eine Lösung für die geteilte Insel.


Auf neutralem Boden wollen sie einander diesmal treffen. Mehrere Gesprächsrunden haben der zypriotische Präsident Nikos Anastasiades und sein Gegenüber aus dem türkisch dominierten Norden der geteilten Mittelmeerinsel, Mustafa Akinci, im eigenen Land ausgetragen. Nun wollen sie in der Schweiz zusammenkommen. In Mont Pelerin, am Genfer See, nehmen sie nächste Woche einen Anlauf zur Wiedervereinigung Zyperns.

Seit mehr als 40 Jahren ist die Insel auseinandergerissen; als Antwort auf einen von Griechenland aus gesteuerten Putschversuch marschierten türkische Truppen in den Norden ein. Griechische Zyprioten flohen vor ihnen in den Süden, türkische Zyprioten flüchteten in die entgegengesetzte Richtung. Die Fragen zur Rückgabe des Eigentums, der Häuser und Felder dieser Menschen sind noch immer ungeklärt. Und immer noch sind türkische Soldaten im Norden stationiert.

Die Türkei wird bei der Suche nach einer Einigung denn auch eine wesentliche Rolle spielen. Sie muss nämlich einer Lösung zustimmen. Zwar ist das Zypern-Engagement nicht zuletzt eine finanzielle Belastung: Aus Ankara fließt das Geld, mit dem die Gehälter der Staatsbediensteten im Norden der Insel bezahlt werden, und auch die Unterhaltung der Militärstellungen muss bewerkstelligt werden. Dennoch ist die Position als Schutzmacht für das türkische Heer auch eine Prestige-Angelegenheit - selbst wenn für die Zivilbevölkerung das Zypern-Problem schon seit Jahren nicht einmal mehr unter den zehn wichtigsten Herausforderungen für die Türkei rangiert. Das war schon vor dem Putschversuch im Sommer und den darauf folgenden Verhaftungswellen so - danach erst recht.

Für die Beitrittsverhandlungen Ankaras mit der Europäischen Union hingegen war Zypern lange Zeit ein Dreh- und Angelpunkt. Ein Teil der Gespräche wurde wegen des Konflikts überhaupt eingefroren. Seit Jahren drängt Brüssel die Türkei dazu, ihre Flug- und Seehäfen für griechisch-zypriotische Flugzeuge und Schiffe zu öffnen. Ankara sollte nämlich die Inselrepublik, ein EU-Mitglied als solches anerkennen.

Dass solche Forderungen allerdings unter Umständen in den Hintergrund rücken können, zeigte das Tauziehen um das Flüchtlingsabkommen zwischen den Europäern und den Türken zum besseren Schutz der Außengrenzen der Union sowie zur Rücknahme von illegal eingereisten Migranten. Die Zyprioten sollen dabei immer wieder ihre Einwände geäußert haben - und die sollen von Vertretern anderer Mitgliedstaaten immer wieder beiseite gewischt worden sein. Stattdessen wurden eine Beschleunigung des Verhandlungsprozesses und sogar eine mögliche Aufhebung der Visumpflicht für türkische Bürger an den Pakt geknüpft.

Sollte das Flüchtlingsabkommen jedoch gefährdet sein, könnte das Interesse an der Visafreiheit Ankara wieder zu Zugeständnissen an Zypern motivieren. Paradoxerweise könnte ein weiterer Zankapfel genauso gut die Chancen auf eine Annäherung erhöhen. Die Gasvorkommen im Mittelmeer, um deren Ausbeutung beide Seiten streiten, wären gemeinsam am besten zu bewirtschaften. Die Gemeinsamkeit wäre aber erst einmal zu erschaffen.