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Videobeweis noch ohne Durchblick

Von Christian Mayr

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Die Technik ist nicht aufzuhalten - schon gar nicht im modernen Fußball. Daher wird der derzeit intensiv getestete Videobeweis in Zukunft zum Spiel gehören wie Ball, Tore und Jubelszenen. Allerdings zeigt sich bereits, dass die derzeitige Anwendungsweise der elektronischen Augen alles andere als praxistauglich ist. Bestes Beispiel ist der Präzedenzfall in einem Fifa-Bewerb, der sich am Mittwoch im Halbfinale der Klub-WM in Japan zugetragen hat: Schiedsrichter Viktor Kassai übersah ein elferwürdiges Gerangel im Strafraum, ließ dann viereinhalb Minuten bis zur nächsten Unterbrechung weiterspielen, ehe er von seinem über alle TV-Bilder verfügenden Assistenten per Funk auf das Foul aufmerksam gemacht wurde. Schließlich ließ sich Kassai die Bilder persönlich an der Seitenlinie vorspielen, ehe er (zu Recht) auf den Elfmeterpunkt zeigte. Abgesehen von der langen Spielunterbrechung stellt sich die Frage, was wäre passiert, hätte im Gegenzug die zuvor foulende Mannschaft ein Tor erzielt? Kassai hätte dieses wohl aberkennen müssen, was den schon ausreichend großen Zorn nach der Videobeweis-Entscheidung unendlich gesteigert hätte. Eine weitere Erkenntnis betrifft derartige Strafraumszenen: Muss jetzt jeder Video-Referee jede Standardsituation aus vier Kameraperspektiven sezieren, um ein harmloses Leiberlzupfen von einem penaltywürdigen zu unterscheiden? Und rennt dann auch jeder Schiedsrichter an die Outlinie, um ebendas nachzuprüfen? Und wer legt die Standards fest, was bei diesen Standards zulässig ist und was nicht - der echte Referee oder der mit den Kameras? Und dass die Fifa just Abseitsentscheidungen, die sich menschlichen Augen längst entzogen haben, nicht für den Videobeweis vorgesehen hat, ist schwer hinterfragenswert.