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Transatlantischer Kummer

Von Martyna Czarnowska

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Mehr noch als Osteuropa müsste der Westbalkan über eine mögliche Schwächung der Nato besorgt sein.


Kummer wegen Donald Trump? Die Pläne des neuen US-Präsidenten könnten so manche osteuropäische Regierung mit Sorge erfüllen. Denn das distanzierte Verhältnis des Neo-Politikers zur Nato und die Sympathie für den russischen Amtskollegen Wladimir Putin, die umgekehrt weit weniger Distanz suggeriert, müssten Warschau oder Vilnius alles andere als recht sein. Für Staaten wie Polen oder Litauen, die Slowakei oder Estland war der Beitritt zum transatlantischen Militärbündnis mindestens genauso wichtig wie die Aufnahme in die Europäische Union. Sie wollten raus aus der Einflusssphäre Russlands und rein in eine westliche Gemeinschaft, die Schutz vor eventuellen Übergriffen des Nachbarn aus dem Osten bieten könnte.

Eine mögliche neue Partnerschaft zwischen Washington und Moskau nährt nun die Befürchtungen, dass sich die harte US-Haltung gegenüber Russland, die vor allem in Osteuropa geschätzt wurde, ändern könnte. Wenn die Amerikaner die Sanktionen gegen den Kreml wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim aufweichen oder gar aufheben, schwächt das auch die Position der Europäer. Wenn Trump und Putin miteinander einen neuen ökonomisch-politischen Pakt schließen, könnte der Zugeständnisse für Russland und dessen aggressive Außenpolitik beinhalten. Das müsste nicht nur die Ukraine, sondern auch Polen und die baltischen Staaten alarmieren.

Dennoch scheint die Regierung in Warschau noch nicht sonderlich besorgt zu sein. Lieber verweist das größte Nato-Mitglied unter den jüngeren EU-Ländern auf die Rüstungsprojekte, die unter anderem die Anschaffung von Kampfjets umfassen - und auf die Nato-Präsenz im Land, die erst vor kurzem verstärkt wurde. Der US-Militärkonvoi ist bereits an der sogenannten Ostflanke angekommen. Mehr als 4000 Nato-Soldaten werden in Polen, Litauen, Lettland und Estland eingesetzt.

Weniger gelassen müssten sich da die Länder des Westbalkan zeigen. In Bosnien-Herzegowina oder im Kosovo mühen sich EU und Nato gemeinsam, zur Stabilität der Staaten beizutragen. Gleichzeitig bilden sie ein Gegengewicht zu den Einflussversuchen Russlands, zu dem wiederum Serbien gute Kontakte unterhält. Und Belgrad hat sowohl im bosnischen Landesteil Republika Srpska als auch im mehrheitlich von Serben bewohnten Norden des Kosovo seine Interessen. Aus Rücksichtnahme auf den Partner hat der Kreml denn auch nicht die Unabhängigkeit der ehemaligen serbischen Provinz anerkannt.

Was passiert, wenn nun der US-Druck in der Region nachlässt und Serbien, unterstützt von Russland, neue Gebietsansprüche stellt? Ist ein Einmarsch in den Nordkosovo nach dem Vorbild der Krim-Annexion denkbar? Das sind Fragen, die Experten bereits aufwerfen. Dass der Balkan auf der außenpolitischen Agenda von US-Präsident Trump weit unten stehen dürfte, falls er überhaupt schon auf der Liste aufscheint, kann kaum beruhigen.

Erst vor einer Woche verwickelten sich Belgrad und Pristina in neue Zwistigkeiten. Immerhin wollen die Serben und Kosovaren jetzt zu einer weiteren Dialogrunde zusammenkommen - unter EU-Vermittlung.