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Vom Küken zum Superadler

Von Christian Mayr

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Der 6. Jänner 2013 ist eher nicht in die rot-weiß-roten Ski-Annalen eingegangen - nicht so jedenfalls wie der 2. März 2017, als Stefan Kraft als erster Österreicher Doppel-Gold bei einer WM ersprungen hat. Das erstgenannte Datum ist aber für Skisprung-Österreich auch höchst bedeutsam, markiert es doch eine Art Wendepunkt. Weil damals zum zweiten und vorerst letzten Mal ein gewisser Gregor Schlierenzauer die Vierschanzentournee gewonnen hat und zugleich eine 19-jährige Zukunftshoffnung zum Tournee-Abschluss in Bischofshofen beim erst dritten Weltcup-Einsatz erstmals aufs Stockerl gehüpft ist: nämlich Stefan Kraft. "Der Superadler und das Küken", titelte die "Wiener Zeitung" damals folgerichtig, nichtsahnend, dass dieses Küken vier Jahre später mit dem Gold-Double der neue rot-weiß-rote Superadler sein würde, während der Superadler a.D. ziemlich flügellahm geworden ist. Ja, so schnell kann es gehen beim Skispringen - wenn man Wolke sieben unter den Sprunglatten hat, kann man selten beschreiben, was man gerade richtig macht; aber wehe, das Paket aus Lockerheit, Sprungkraft, Material und Flugkurve passt nicht zusammen, dann klebt die Verunsicherung wie Blei an einem. Wenn’s laaft, dann laaft’s bekanntlich, was wiederum für Schlierenzauer ein großer Trost sein muss, sich irgendwann wieder aus der Versenkung katapultieren zu können. Statt V wie Flügel (um einen alten Werbespruch zu zitieren) gab es für den Stubaier in den vergangenen Jahren V wie Verunsicherung, V wie Verletzung, V wie Verzweiflung. Vor Formtiefs wird auch Kraft in seiner Karriere sicher nicht verschont bleiben, aber wenn der Satz stimmt, dass alle großen Sportler eine große Comebackstory brauchen (siehe Niki Lauda, siehe Thomas Muster, siehe Hermann Maier), dann reift man in diesen Phasen erst zu großen Persönlichkeiten. Auch wenn man wie Kraft 1,70 groß ist.