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Vom Hoffnungsschimmer zur Bedrohung

Von Christian Rösner

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Beim Parteitag der SPÖ erhielten alle einen Denkzettel, die in den Thronfolge-Streit verwickelt waren.


Die Wiener SPÖ bekommt es nicht auf die Reihe: Obwohl er diesmal eindeutig sein Abtreten nach der nächsten Nationalratswahl kundgetan und seine Partei zur Einigkeit aufgerufen hatte, wurde der Landesparteivorsitzende Michael Häupl am Samstag mit nur 77,4 Prozent der Deligiertenstimmen beim Landesparteitag abgestraft. Viel bemerkenswerter ist allerdings, dass sämtliche Präsidiumsmitglieder ebenfalls viel an Zustimmung verloren haben. Bei Renate Brauner verwundert es dabei weniger als bei Michael Ludwig, der ja eigentlich von den Flächenbezirken bzw. den Parteirebellen als Wunschkandidat für die Häupl-Nachfolge genannt wurde. Er rutschte von noch 89,6 Prozent im Jahr 2015 auf nunmehr 67,8 Prozent. Hatten die Rebellen bei der Klubklausur vor einem Monat hinter vorgehaltener Hand noch gemeint, bei einer möglichen Kampfabstimmung zwischen Häupl und Ludwig würde Ersterer eindeutig das Nachsehen haben, so sieht das Ganze heute jedenfalls ganz anders aus.

Eigentlich wurde allen ein Denkzettel verpasst, die in den Thronfolge-Streit verwickelt waren - insbesondere auch Vertreter der Rebellenbezirke wie etwa der Simmeringer Harald Troch (65,4 Prozent), die Döblingerin Barbara Novak (64 Prozent), die Donaustädterin Ruth Becher (69 Prozent) oder auch die Bezirksparteichefin von Liesing, Nationalratspräsidentin Doris Bures.

Dem Vernehmen nach dürfte es sich dabei durchaus um akkordierte Streichungen gehandelt haben. So soll auf einer Toilette eine entsprechende Namensliste aufgetaucht sein. Dass dieses Vorgehen ein Zeichen von Führungsschwäche ist, lässt sich jetzt wohl kaum noch wegdiskutieren. Häupls Rückzugs-Ankündigungen dürften das sogar noch verstärkt haben. Wie es schon Caspar einem am Samstag im "Standard" gesagt hat, führt eben ein "dead man walking" keinen erfolgreichen Wahlkampf. Wenn es die Partei also nicht ehebaldigst schafft, sich hinter ihren wieder gewählten Parteichef zu stellen und wieder geeint aufzutreten, dann wird Häupls Versprechen, die SPÖ in die nächste Wahl zu führen, kein Hoffnungsschimmer für die Partei, sondern eine Bedrohung.