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Dann eben eine Pixel-Burka

Von Judith Belfkih

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Was einer Kultur der blanke Busen, ist einer anderen bereits das Haupthaar der Frau - es gehört in seriösen Medien gefälligst verpixelt. Diesen Schluss legte ein Foto nahe, das in den Sozialen Medien - die demnächst in Empörungsmedien umbenannt werden dürften - für Aufregung sorgte. Zu sehen ist die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bei ihrem Besuch in Saudi-Arabien. Sie steht neben den saudischen König Salman, er in traditionellem weißen Gewand inklusive Kopfbedeckung, sie gekleidet wie immer und - da sie kein Kopftuch trägt - mit recht grob verpixelten Haaren. Schnell war eine Debatte über Frauenrechte und die Rückschrittlichkeit Saudi-Arabiens im Gange, wurden diverse UN-Stellen angerufen. Blinder Aufschrei in der Herde - Aufruhr à la Twitter eben.

Relativ bald stellte sich heraus, dass das Bild die Schöpfung einer Satire-Seite ist. Im saudischen TV, dem das Bild untergejubelt hätte werden sollen, war Merkel mit ihrer ganzen Haarpracht zu sehen. Sie ist nicht die erste Politikerin, die sich ob des offenbar gelockerten saudischen Protokolls entschieden hat, beim Staatsbesuch keine Kopfbedeckung zu tragen.

Jetzt ist daran nicht die Tatsache erstaunlich, dass es dieses Bild gibt, sondern dass es eine recht große Menge an Menschen gibt, die es für wahr gehalten haben. Erst einmal aufschreien, dann denken oder ein zweites Mal hinsehen - das war auch hier die Social-Media-Methode der Wahl.

Das zweite Opfer von Fake News - neben der Wahrheit an sich - ist die Satire. Nicht nur ein Verlust für die Lachmuskeln, sondern auch ein weiterer Schritt zu einem Weltbild ohne Graustufen, zu einer Sicht der Dinge in Schwarz-Weiß.