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Teherans gefährlicher Scharfmacher

Von Solmaz Khorsand

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© Luiza Puiu

Ebenbürtige Spielgefährten zu finden ist schwierig. Das weiß auch Donald Trump. Seine Auswahl ist überschaubar. Es gibt nicht viele, mit denen er auf der Weltbühne um die Wette zündeln kann. Am Freitag könnte sich das ändern. Denn dann wählen die Iraner ihren nächsten Präsidenten. Und die Wahl könnte auf einen Kandidaten fallen, der dem US-Präsidenten in seinem Zündelpotenzial um nichts nachsteht: Ebrahim Raisi.

Der Hardliner wird als aussichtsreichster Herausforderer des amtierenden Präsidenten Hassan Rohani gehandelt. Raisi gilt als Protegé des Obersten Religionsführers, Ali Khamenei - der eigentlichen Autorität im Land.

Bis 2016 war Ebrahim Raisi Generalstaatsanwalt. Als einer der mächtigsten Männer im iranischen Justizwesen hat der Geistliche immer für harte Strafen plädiert, unter anderem die Steinigung für Ehebrecher. 1988 gehörte der heute 56-Jährige einem vierköpfigen Rat an, der tausende Dissidenten zum Tode verurteilt haben soll. Bis heute suchen die Angehörigen nach den Gräbern der Exekutierten.

Für Raisi wäre die Wahl zum nächsten Präsidenten nur ein Boxenstopp, um sich als Polit-Neuling unter seinen Landsleuten zu profilieren. Sein eigentliches Ziel ist ein ganz anderes, wird gemunkelt: die Nachfolge von Khamenei. Der 77-jährige Religionsführer ist schwer krank. Stirbt er, übernimmt der Präsident als Teil eines dreiköpfigen Komitees – neben dem Justizchef und einem Geistlichen aus dem Wächterrat - interimistisch seine Aufgaben, bis ein Expertenrat seinen endgültigen Nachfolger bestimmt hat. Wann die Entscheidung fallen muss, wird nicht bestimmt. Theoretisch könnte das Triumvirat auf ewig als Interimsnachfolger fungieren. Der Präsident wäre damit in einer noch nie dagewesenen Machtposition seit dem 38-jährigen Bestehen der Islamischen Republik.

Nicht umsonst kämpfen die Kandidaten in diesem Präsidentschaftswahlkampf mit harten Bandagen. Schließlich geht es nicht nur um die nächsten vier Jahre, sondern um die Zukunft der Theokratie.

In der Region verfolgt man den Wahlkampf mit Spannung. Für die Kriegshetzer aus Israel und Saudi-Arabien wäre Hardliner Raisi ein Geschenk. Einen besonnenen Präsidenten Rohani kann man dem Kollegen Trump eher schlecht als Kriegsherrn verkaufen. Einen fanatischen Kleriker mit einem Hang zu Massenexekutionen schon eher. Je unberechenbarer, umso besser, so das Motto in der Nahost-Nachbarschaft. Eine provokative Schnellbootaktion im Persischen Golf da, ein inhaftierter Doppelstaatsbürger dort, und schon hat ein US-Präsident seine unkontrollierten Finger am Abzug. Und der Nahe Osten einen Big Player weniger.