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Der Fußball hat seine Unschuld längst verloren

Von Tamara Arthofer

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Tamara Arthofer
Tamara Arthofer ist Sport-Ressortleiterin.

4:1 Real Madrid, erstmals eine erfolgreiche Titelverteidigung in der Champions League, die Rekord-Tore von Cristiano Ronaldo, die verpasste Chance von Gigi Buffon, im Alter von 39 Jahren doch noch die Champions League zu gewinnen: Das Finale des bedeutendsten europäischen Klub-Bewerbs zwischen den Madrilenen und Juventus am Samstagabend in Cardiff hatte viele Narrative. Doch die wirklich dramatischen Ereignisse spielten sich nicht in der walisischen Hauptstadt, sondern mehr als 1000 Kilometer südöstlich davon ab: Auf der Piazza San Carlo in Turin. Kurz vor Ende der Partie waren beim Public Viewing offenbar Feuerwerkskörper entzündet worden, die die Versammelten für eine Bombe hielten, eine Massenpanik war die Folge. Am Tag darauf sprach die Polizei schon von rund 1500 Verletzten, einige, darunter auch Kinder schwer.

Der Fußball sieht sich gerne als völkerverbindend, als friedliches Sportfest, und vielleicht wäre er es an eben jenem Abend – Trauer bei den einen, Freude bei den anderen hin oder her – auch gewesen. Schließlich sprach niemand Real ab, den Titel verdient zu haben. Doch am Tag darauf war das irrelevant, ebenso wie damals in Paris, als während des Freundschaftsspiels zwischen Frankreich und Deutschland im November 2015 die Attentate begannen, welche insgesamt 130 Menschenleben forderten. "Der Fußball", sagte Juventus-Trainer Max Allegri unmittelbar nach der Niederlage, "kann ein Alptraum sein". Wie recht er haben sollte, wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.