Zum Hauptinhalt springen

Die Mächtigen und ihre Kammern

Von Walter Hämmerle

Kommentare

Können die Kammern aus der Parteipolitik herausgeholt werden?


Von der Idee der Sozialpartnerschaft sollen alle profitieren: Darin liegt auch die vorrangige Existenzberechtigung der Arbeiter- und Wirtschaftskammern. Aus Sicht der Bürger und Unternehmen, die vom Verfassungsgesetzgeber zur Mitgliedschaft verpflichtet werden, lässt sich die Frage nach dem Warum leicht beantworten. Rechtfertigt das Ausmaß und die Qualität der Dienstleistung die Beiträge, wird von dieser Front her kein großer Widerstand aufkommen, zumal bei den Arbeitnehmern die Abgabe schon vom Bruttolohn abgezogen wird, bevor die Arbeiter und Angestellten noch ihr Nettogehalt am Girokonto sehen.

Anders verhält es sich auf der politischen Ebene, denn die Kammern sind eben nicht nur Dienstleistungs- und politische Lobbyingorganisationen (obwohl sie sich beharrlich dagegen verwehren, als Letztere bezeichnet zu werden), sondern eben auch veritable Machtapparate für zweieinhalb der insgesamt fünf im Parlament vertretenen Parteien. Und das ist das tatsächliche politische Problem der Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern.

SPÖ und ÖVP haben die Arbeiter- beziehungsweise Wirtschaftskammern zu de facto Vorfeldorganisationen ausgebaut und aufgebaut. Darin liegt auch das Geheimnis ihrer durchaus beträchtlichen Erfolge in der Vergangenheit. Dass beide Selbstverwaltungskörper von den Mitgliedern demokratisch legitimiert sind, ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Tatsächlich haben sich die beiden Traditionsparteien auch die dazugehörigen Wahlprozedere auf den eigenen Leib geschneidert. Da wie dort dienen die freien und allgemeinen Wahlen der Mitglieder vor allem dazu, die bestehende Machtordnung für eine weitere Periode festzuschreiben. Das ist nicht nichts angesichts von Gesamteinnahmen im Jahr 2016 von rund einer Milliarde Euro, wobei auf die Wirtschaftkammer 540 und auf die Arbeiterkammer 430 Millionen Euro entfallen.

Während es den Grünen gelungen ist, zumindest halbwegs einen Fuß in die Tür der Arbeiterkammer zu bekommen, und sich Teile dieses Wissensnetzwerks nun in der Liste Pilz wiederfindet, stehen FPÖ und Neos mit leeren Händen da. Zwar argumentieren beide Parteien ihren Kampf gegen die "Zwangsmitgliedschaft" von einem liberalen Standpunkt aus, man kann jedoch getrost die Hypothese aufstellen, dass ihr Standpunkt ein anderer wäre, würden auch sie politisch und wissenstechnisch von den Kammern profitieren.

So lange SPÖ und ÖVP die Macht- und Einflussapparate der Sozialpartnerschaft weiterhin als politische Vorfeldorganisationen betrachten, wird sich nichts am Widerstand der Ausgeschlossenen gegen die Pflichtmitgliedschaft ändern. Die beiden Außenseiter in die Kammern zu hieven, kann nicht die Lösung sein, schließlich haben wir mit dem Nationalrat schon ein Parlament für die politischen Parteien.

Bliebe die Option, die Kammern aus dem unmittelbaren rot-schwarzen Einflussbereich zu lösen und auf diese Weise der Politik eine tatsächliche Selbstverwaltung der gesellschaftlichen Interessen gegenüberzustellen. Allerdings gibt es keinerlei Idee, wie das in der Praxis funktionieren könnte. Daran wird sich so schnell auch nichts ändern.