Zum Hauptinhalt springen

Goldene Zeiten für Top-Stars, unaufgeregte Gastgeber

Von Christian Mayr

Kommentare

Die Tops und Flops der XXIII. Winterspiele von Pyeongchang - und warum man sie nicht "best games ever" nennen wird.


Wenn am Sonntag bei der Schlusszeremonie das olympische Feuer erlischt, werden die XXIII. Winterspiele von Pyeongchang Geschichte sein. Dass IOC-Präsident Thomas Bach nach den 102 Medaillenentscheidungen die Tradition seiner Vorgänger wieder aufgreift und von den "best games ever" spricht, darf bezweifelt werden - nicht nur, weil es wohl nicht stimmt, sondern weil Bach schon in Rio 2016 mit diesem olympischen Superlativ für die Veranstalter gebrochen hat. Sportlich gesehen sind dem citius, altius, fortius folgend gewiss die Höchstleistungen der Athleten in ihrer Zeit erbracht worden, aber Gold für die Organisation und das Ambiente sind schwerlich auszuhändigen. Eine Bilanz:

Favoritensiege: Es waren zweifelsohne die Spiele der Top-Stars, die sich fast ausnahmslos mit Gold dekorieren konnten: Marcel Hirscher, Aksel Lund Svindal, Mikaela Shiffrin bei den Alpinen, Shaun White und Anna Gasser bei den Freestyle-Boardern, Martin Fourcade und Laura Dahlmeier bei den Biathleten, Kamil Stoch bei den Skispringern, Dario Cologna, Johannes Hösflot Kläbo bei den Langläufern, Sven Kramer bei den Eisschnellläufern - allesamt konnten die hohen Erwartungen erfüllen. Überraschungs- oder Zufall-Olympiasieger wie in früheren Tagen gab es praktisch nicht. Den Super-G-Coup durch "Boarderin" Ester Ledecká ausgenommen.

Norweger, Deutsche top: Zwei Nationen stachen im Medaillensammeln besonders hervor - Norwegen und Deutschland, die am Freitag bei jeweils 13 Goldmedaillen hielten. Die Norsker konnten zudem mit 37 Mal Edelmetall bereits den bisherigen Medaillenrekord der USA von Vancouver 2010 egalisieren - ein neuer Rekord scheint also programmiert. Begünstigt ist dieser Goldrausch freilich auch durch die Doping-bedingte Absenz vieler Russen, die vor vier Jahren noch die Medaillenwertung anführten - mit wohl nicht ganz sauberen Praktiken.

In Pyeongchang wurden übrigens zwei startberechtigte russische Athleten positiv getestet (eine Bobfahrerin und ein Curler) - ob es generell noch mehr werden, werden vielleicht erst künftige Tests ergeben.

Keine Rennatmosphäre: Wie im falschen Film kam sich Marcel Hirscher vor, als er seinen ersten Olympiasieg vor ein paar Dutzend Zuschauern zelebrieren musste. Tatsächlich war die Kulisse bei den Alpinbewerben nicht olympiawürdig. Warum es die Veranstalter nicht schafften, genug Publikum - das von Eisschnelllauf bis zum Curling an sich ja da war - zu den Pisten zu schaffen, bleibt ein Rätsel.

Gefährliche Parcours: Das dickste Minus gibt es für den halsbrecherischen Ski- und Boarder-Cross-Parcours, der mehrere Schwerverletzte forderte. Und dass die Slopestyle-Konkurrenz der Damen trotz Orkanböen durchgepeitscht wurde (und viele Stürze zur Folge hatte) war skandalös.

Unaufgeregt, gut organisiert:Schließlich darf gelobt werden, dass die Spiele als Ganzes - auch dank kurzer Wege zu den Wettkampfstätten - nahezu perfekt organisiert waren. Zudem waren die Südkoreaner freundliche und charmante Gastgeber, die die Spiele nicht mit dem Pathos eigener Macht und Überlegenheit aufluden. Das wird in vier Jahren in Peking wohl wieder anders sein.