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Liebesgrüße nach Moskau

Von Christoph Rella

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Andrew Parsons, seit einem halben Jahr Chef des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC), ist das, was man einen Berufsfunktionär nennt. Immerhin ist der 41-jährige Brasilianer seit 2002 im Paralympics-Betrieb tätig, über einschlägige Erfahrung als Sportler oder Manager verfügt er im Gegensatz zu seinem Vorgänger nicht. Sir Philip Craven, der das IPC 16 Jahre lang geleitet hatte, war nicht nur erfolgreicher Rollstuhl-Basketballer, sondern auch Vorstandsvorsitzender in der Rohstoffindustrie. Parsons verfügt lediglich über einen Bachelor in Kommunikation. Wer nun erwartet hat, dass der IPC-Chef deswegen in seiner neuen Position diplomatischer auftreten würde, wurde enttäuscht. Den jüngsten Schnitzer leistete sich Parsons ausgerechnet zum Auftakt der Paralympischen Spiele in Pyeongchang, als er der Russin Michalina Lisowa (Goldmedaillengewinnerin im Biathlon, Dritte im Langlauf) in letzter Sekunde die Starterlaubnis erteilte, obwohl ihr Name im Mc-Laren-Report über Staatsdoping auftaucht. Dies brachte ihm heftige Kritik nationaler Verbände ein - und Österreichs Langläuferin Carina Edlinger möglicherweise um eine Medaille. Doch damit nicht genug: Parsons stellte den Doping-Verdacht gegen Lisowa in Abrede und verlieh auch noch seiner Hoffnung auf eine rasche Wiederaufnahme des Paralympischen Komitees Russlands in den Weltverband Ausdruck. Angesichts der Spannungen, die die olympischen Beziehungen zu Russland belasten, erwies Parsons sich und dem Verband keinen guten Dienst. Da nutzt es auch nichts, im nächsten Atemzug den schärfsten Kritiker, Deutschland, für dessen Behindertensportpolitik ("ein paralympisches Powerhaus") zu loben. Das wissen die Deutschen schon selber. Klare Worte zu Russland wären hilfreicher.